Leipzig (aw). Das ehemalige Gästehaus des Ministerrates der DDR im Musikviertel in Leipzig blickt auf eine wechselhafte Historie zurück. Jetzt möchte der Eigentümer das Ensemble nach 20 Jahren Leerstand abreissen lassen und erarbeitet dafür gerade einen Abbruchantrag. Das Objekt sei nicht mehr wirtschaftlich zu sanieren, heißt es in der Begründung. Denkmalschützer sehen das anders. Hier wo vor vielen Jahren auch ein kleines Stück DDR-Geschichte geschrieben wurde, regiert heute der Verfall. Scheiben sind eingeworfen, Graffitis zieren die Wände. Ein Feuer hatte 1999 im Inneren großen Schaden angerichtet.
Das Gästehaus des Ministerrates wurde 1968 vom SED-Staatschef Walter Ulbricht eröffnet. Neben Ulbricht gastierte auch Nachfolger Erich Honecker mindestens zwei Mal pro Jahr während der Leipziger-Messe im Gebäude. Quartier bezogen auch weitere DDR-Größen und ausländische Staatsgäste. 1983 wurde in einem abhörsicheren Bunker unter dem Haus ein Milliardenkredit für die fast bankrotte DDR von Honecker und Bayerns Ministerpräsident Franz Josef Strauß verhandelt. 1995 verkaufte die Treuhand das Grundstück samt Gebäude an die Hamburger Restaurant-Kette Block, die hier ein Luxushotel entstehen lassen wollte. Vor drei Jahren kaufte der aktuelle Investor das Hotel von der Block-Gruppe.
Das Sächsische Landesamt für Denkmalpflege ist nach wie vor von einer Sanierung überzeugt. Die Substanz lasse dies auch heute noch zu, heißt es aus der Behörde. Hier beruft man sich auf ein ähnliches, 1968 entstandenes Gästehaus der SED-Spitze in Berlin-Pankow, das denkmalgerecht saniert und in eine Wohnanlage umgewandelt wurde. Der Eigentümer sieht dies anders. Das Ensemble in Berlin sei wesentlich kleiner und als Ganzes mit Restaurants und Sälen nicht vergleichbar. Da derzeit mehrere Investoren mit Plänen anklopfen würden, dränge man auf einen raschen Abbruch des Gebäudes, damit schnell Neues entstehen kann.