Stuttgart/Reutlingen (aw). Mitte Juli wurde das Landesamt für Denkmalpflege im Regierungspräsidium Stuttgart (LAD) darüber informiert, dass im Rahmen von Bauarbeiten auf dem Gelände der Firma Robert Bosch GmbH in der Tübinger Straße in Reutlingen ein Steinquader mit bildlichen Darstellungen entdeckt wurde. Im Rahmen eines Ortstermins stellte sich heraus, dass es sich um einen ganz besonderen Fund handelt.
Der Bagger hatte einen etwa 1800 Jahre alten „Viergötterstein“ aus dem Kies der Echaz ans Tageslicht befördert. Viergöttersteine sind Teile von römerzeitlichen Jupitergigantensäulen, die vor allem in der römischen Provinz Germania Superior errichtet wurden, in der auch das heutige Reutlingen liegt. Diese Monumente bestehen in der Regel aus einer Säule, die von einer Figurengruppe bekrönt wird, die Jupiter auf einem Pferd zeigt, wie er ein Blitzbündel schleudert und einen Giganten niederreitet. Die Säule selbst steht auf einem achtseitigen Wochengötterstein mit der Darstellung der Wochentage; darunter befindet sich – als Basis – ein Viergötterstein. Auf dessen Seiten sind Abbildungen von unterschiedlichen griechisch-römischen oder keltischen Gottheiten und gelegentlich Inschriften angebracht.
Bei den Jupitergigantensäulen handelt es sich um provinzialrömische Monumente, die im Laufe des 1. Jahrhunderts erstmals auftraten und vor allem im 2. und frühen 3. Jahrhundert häufig aufgestellt wurden. Man errichtete sie an ganz unterschiedlichen Orten, wie z. B. in heiligen Bezirken, an Straßenkreuzungen, auf zentralen Plätzen oder bei landwirtschaftlichen Gehöften. Mit dem Abzug des römischen Militärs und dem Ende der römischen Herrschaft im 3. Jahrhundert nach Christus wurden diese Säulen zerstört und beseitigt, lediglich in Ostfrankreich ist noch ein seit der Antike erhaltenes Denkmal bekannt.
Der Stein aus Reutlingen wurde von Mitarbeitern des LAD, mit Unterstützung der Fa. Bosch und den Baufirmen vor Ort verladen und zur Restaurierung bzw. Untersuchung in den Dienstsitz des LAD nach Tübingen gebracht.