Leutkirch/Stuttgart (pm). Während eines zweitägigen Arbeitseinsatzes wurden Ende Oktober bei einer privaten Baumaßnahme in Leutkirch massive Mauerreste freigelegt und vom Referat Operative Archäologie des Landesamts für Denkmalpflege (LAD) im Regierungspräsidium Stuttgart dokumentiert – ein kurzer Einsatz mit spannendem Ergebnis. Das „geistliche Viertel“ um die katholische Pfarrkirche St. Martin nimmt den Südostteil der mittelalterlichen Stadt Leutkirch ein. Dass dazu auch ein Friedhof mit Beinhaus und zwei Kapellen gehörten, ist heute auf den ersten Blick nicht mehr zu erkennen. Nur eine kleine Tafel an der erst 1939 erbauten „Kapelle zur schmerzhaften Muttergottes“ wies bisher darauf hin, dass diese anstelle der Liebfrauenkapelle errichtet wurde. Die östlich an die Kapelle angrenzenden Mauerreste können nun zweifelsfrei der 1345 gestifteten und 1810 abgerissenen Liebfrauenkapelle zugeordnet werden.
Wie die spätgotische Pfarrkirche, hatte auch die Kapelle einen sogenannten Polygonalchor mit Dreiachtelschluss, dessen Süd- und Südostwand nun erfasst wurden. Für den Chor lässt sich jetzt eine Breite von 7 bis 8 Meter rekonstruieren. Die Kapelle muss also eine beachtliche Größe gehabt haben. Der größere Teil des Chores wie auch das Langhaus liegen unter dem Marienplatz verborgen. An den 90 Zentimeter breiten Mauerresten lässt sich ablesen, dass der Chor erst bei einer nachträglichen Umbaumaßnahme seine Form erhielt, ursprünglich war ein schlichter Rechteckchor vorhanden. Der Fußboden der Kapelle lag so tief, dass er – wie auch die außerhalb der Kapelle zu erwartenden Gräber – durch die Baumaßnahme nicht erreicht wurde.
Ganz überraschend zeigte sich zudem, dass die Ostwand der „Kapelle zur schmerzhaften Muttergottes“ erhebliche ältere Mauerreste mit einer zugemauerten Türöffnung enthält, die bisher von Erdreich bedeckt waren. Diese wurden 1939 in den Neubau integriert, stammen aber von einem Anbau an die spätgotische Liebfrauenkapelle. Der Anbau an die Liebfrauenkapelle ist jedenfalls in das Spätmittelalter zu datieren und sehr wahrscheinlich als ehemaliges Beinhaus zu deuten. Die neuzeitliche „Kapelle zur schmerzhaften Muttergottes“ enthält also einen mittelalterlichen Kern.
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