Wiesbaden/Marburg (aw). Während der archäologischen Voruntersuchungen im Trassenbereich der neuen Ortsumfahrung der L3125 für Ebsdorfergrund-Heskem (Lkr. Marburg-Biedenkopf), ausgeführt durch die von Hessen Mobil beauftragte Fachfirma „Wissenschaftliche Baugrund-Archäologie e.V.", wurden im letzten Jahr verschiedene vorgeschichtliche Siedlungsareale ausgegraben und dokumentiert. Diese Maßnahme wurde notwendig, da in den durch den Straßenbau betroffenen Bereichen bereits im Vorfeld durch Oberflächenfunde vor- und frühgeschichtliche Fundstellen bekannt waren. Die Arbeiten konzentrieren sich derzeit auf die Einmündung der geplanten in die bestehende Straße zwischen Heskem und Dreihausen.
Überraschenden ist der Fund eines noch gut erhaltenen Kinderskelettes. Nicht bestattet in einer für diesen Zweck angelegten Grabgrube, sondern niedergelegt auf der Sohle einer großen Grube, die ursprünglich zur Entnahme von Lehm angelegt worden war. Es handelt sich hierbei dennoch nicht um die lieblose Entsorgung eines Leichnams in einer Grube. Niedergelegt mit dem Kopf im Westen und den Füßen im Osten, lag dieses Kind mit angehockten Beinen auf der rechten Körperseite. So, als würde es „nur“ schlafen – ein Eindruck, der durch die Lage einer der Hände unter dem Kinn des Kindes noch verstärkt wird. Aufgrund einer bereits während der Bergung vorgenommenen anthropologischen Begutachtung kann anhand des Zahnstatus ein Alter zwischen vier und acht Jahren angenommen werden. Es handelt sich dabei um ein Mädchen, wobei eine Geschlechtsbestimmung an Kinderskeletten immer einen Unsicherheitsfaktor in sich birgt.
Um die Zeit der Niederlegung noch genauer eingrenzen zu können wurde vom Knochenmaterial eine Probe für eine 14C-Analyse genommen. Aufgrund der Auffindungssituation ist klar, dass diese Bestattung ebenso in die frühe Jungsteinzeit eingeordnet werden kann, wie auch das Fundmaterial– und damit rund 7.000 Jahre alt ist. In unmittelbarer Nähe zur Kinderbestattung wurden weitere Skelettreste eines erwachsenen Individuums entdeckt. Auch in diesem Fall wurde der auf der linken Seite liegende Leichnam mit Kopf im Westen und Füßen im Osten mit ebenfalls angehockten Beinen niedergelegt.
Bestattungen innerhalb von bandkeramischen Siedlungen sind nicht ungewöhnlich; insbesondere Kinder oder ältere Menschen fanden wiederholt außerhalb der Gräberfelder dieser Zeitepoche ihre letzte Ruhestätte. Diese Niederlegungen innerhalb einer Siedlung sind damit vielleicht der letzte Nachhall einer besonderen emotionalen Beziehung zwischen den Hinterbliebenen dieser Verstorbenen, die sie auch nach deren Ableben weiter in ihrer Nähe wissen wollten.