Großauheim (pm/aw). Heute erinnern nur noch einige denkmalgeschützte Gebäude und der Name daran: Auf dem im Hanauer Stadtteil Großauheim gelegenen Gewerbe-Areal direkt am Mainufer wurden bis 1963 Traktoren der Marke „Bautz“ produziert. Seither dienten die Gebäude im „Bautz Gewerbepark“ verschiedenen Unternehmen als Lager- und Produktionsstandort. In naher Zukunft soll aus dem rund 130.000 Quadratmeter großen Gewerbegebiet, das durch seine attraktive Lage direkt am Main besticht, ein attraktives Wohnquartier werden. Nachdem das Hanauer Unternehmen Bien-Ries Anfang des Jahres in das Neubaugeschäft des bundesweit tätigen Bauträgers BUWOG, einer Tochter des Immobilienkonzerns Vonovia, integriert wurde, wird das Projekt durch die übernommenen Mitarbeiter*innen unter neuem Firmennamen fortgeführt.
Dass die BUWOG im Neubaubereich eine umfassende Nachhaltigkeitsagenda verfolgt, die auch beim Bautz-Gelände zum Tragen kommt, ist jetzt auch deutlich geworden, als Claudia Becker für das Büro planquadrat Architekten und Stadtplaner aus Darmstadt gemeinsam mit der BUWOG Standortleitung der Region West, Jessica Hesse-Kadlec den aktuellen Planungsstand für die Neugestaltung des Bautz-Geländes im Ausschuss für Struktur und Umwelt vorgestellt hat.
„Unsere Stadt wächst kontinuierlich und steht kurz davor, die 100.000-Einwohner-Marke zu überschreiten und damit von Hessens größter Kleinstadt zu Hessens kleinste Großstadt zu werden,“ beschreibt Oberbürgermeister Claus Kaminsky die Notwendigkeit, stetig neuen Wohnraum für alle Bevölkerungsgruppen zu schaffen. Wie er weiter sagt, ist es mit diesem Ansatz in den vergangenen Jahren auch gelungen, trotz des enormen Bevölkerungszuwachses das Mietniveau in der Brüder-Grimm-Stadt stabil zu halten. Das Projekt, das in den nächsten Jahren auf dem Bautz-Gelände für rund 1.400 Wohneinheiten sorgen wird, passt nach seinen Worten perfekt in die Strategie der Stadt. „Wichtig ist uns dabei, dass auf dem Gelände auch die benötigten Infrastruktureinrichtungen entstehen. Auf diese Weise wird das Quartier zu einem gut funktionierenden, attraktiven Viertel direkt am Mainufer", freut sich der OB über die positive Entwicklung für ein Areal, das bisher „unter seinen Möglichkeiten genutzt wird“. Das Bautz-Gelände sei aufgrund seiner Lage und seines Zuschnitts für die Umwandlung in ein Wohnquartier gut geeignet. Insbesondere für den Stadtteil Großauheim seien von dieser Entwicklung wichtige positive Impulse zu erwarten, gerade auch im Hinblick auf die Situation der Geschäfte in der Hauptstraße.
Die jetzt vorgestellte Planung sieht nach den Worten von Jessica Hesse-Kadlec ein vielseitiges Wohnquartier mit insgesamt rund 1.400 Wohneinheiten, einer 7-zügigen Kita und Büronutzung vor. Nach aktuellem Stand soll es auch einen Vollversorger im westlichen Teil des Quartiers geben, sowie kleinteiliges Gewerbe und Einzelhandel zur Nahversorgung. Der Wohnungsmix soll sowohl kleine 1-Zimmer-Wohnungen, mittlere 2- bis 3-Zimmerwohnungen sowie große Familien-Wohnungen mit 4 und mehr Zimmern umfassen. Alle Wohnungen werden über Balkon, Terrasse oder Garten verfügen. Ziel ist es, für alle Generationen passenden Wohnraum zu schaffen – von Studierenden über Young Professionals bis hin zu Familien und älteren Menschen mit dem Bedarf an barrierefreiem Wohnraum. Dabei entsteht der Wohnraum voraussichtlich zu etwa gleichen Teilen in Form von Eigentumswohnungen und Mietwohnungen, davon ein Teil mietpreisgebunden.
Die Gebäudehöhen werden drei bis fünf Geschosse (zuzüglich Staffelgeschossen) umfassen, so dass gemäß der derzeitigen Planung ein baulich abwechslungsreiches Wohnquartier entstehen wird. Im Bereich der ehemaligen Gewerbehallen werden Anforderungen des Denkmalschutzes in die Planung einbezogen. Die Gründächer und begrünte Innenhöfe schaffen ökologischen Nutzen und verbessern das Mikroklima. Quer durch das Quartier wird sich ein rund 300 Meter langer Park als grünes Band ziehen und nachhaltige Qualitäten bieten: Neben umfassenden Neupflanzungen von regional angepassten Büschen und Bäumen dient diese Parkanlage der Versickerung von Regenwasser und Rückführung in den natürlichen Wasserkreislauf.
Das südwestliche Bestandsgebäude am Mainufer – ein als Einzelkulturdenkmal denkmalgeschütztes Gebäude – wird voraussichtlich saniert und könnte danach für Gastronomie zur Verfügung stehen. Eine öffentlich zugängliche, autofreie Promenade soll die bisherige Bautz-Straße ersetzen und künftig zum Spazieren einladen.
Für das Quartier wird ein ganzheitliches Energie- und Mobilitätskonzept mit Vorzeigecharakter entwickelt. Als Hauptbestandteil des Energiekonzepts sind die Nutzung von Grundwasser als Primärenergiequelle zum Heizen und passiven Kühlen vorgesehen. Die intelligente Verknüpfung mit einem solar- und wasserstoffbasierten Energieverbund ergänzt das Grundkonzept. Ein umfassendes Mobilitätskonzept mit Car-Sharing-Angeboten und Quartiershaltestellen mit ÖPNV-Anbindung wird den motorisierten Individualverkehr reduzieren. Teil des Mobilitätskonzepts sind auch Maßnahmen zur Stärkung des Radverkehrs. Hierzu werden in Zusammenarbeit mit dem Eigenbetrieb Hanau Infrastruktur Service (HIS) mögliche Radrouten analysiert und auf ihre Ausbaumöglichkeiten untersucht.
Dem Aufstellungsbeschluss für einen Bebauungsplan hatten Magistrat und Stadtverordnetenversammlung bereits im Juni 2019 zugestimmt. Eine frühzeitige Beteiligung der Öffentlichkeit hatte Anfang letzten Jahres stattgefunden. „Die Offenlage ist jetzt für den Frühsommer geplant und der Satzungsbeschluss könnte im Herbst folgen“, erläutert Jessica Hesse-Kadlec für die BUWOG die nächsten Schritte. Läuft alles nach Zeitplan, könnte im Spätsommer 2021 mit den ersten sichtbaren Baumaßnahmen begonnen werden.