Offenbach (pm/aw). Die Betonmodelle im Offenbacher Dreieichpark sind Meilensteine der modernen Bautechnik. Sie sind 1879 als Teil der Zweiten Hessischen Landesgewerbeausstellung errichtet worden. Die historischen Bauwerke sollten den Ausstellungsbesuchern vor Augen führen, wie vielfältig der seinerzeit neue Baustoff Beton verwendet werden kann. Sie waren eines der Höhepunkte auf der Ausstellung, die von Juli bis Oktober 1879 dauerte.
Ein weiterer Höhepunkt im Jahr 1879 war die Erfindung des elektrischen Lichts. Dies setzt das Alter der Betonmodelle deutlich ins Verhältnis. Die Betonbauwerke zählen zu den ältesten noch erhaltenen Betonbauten in Deutschland, die ohne Stahlbewehrung auskommen. Sie stellen ein in der Fachwelt weit gerühmtes Beispiel des frühen Betonbaus dar und sind seit Generationen für die meisten Offenbacher untrennbar mit dem Dreieichpark verbunden.
Das einzigartige Ensemble besteht aus einem Pavillon mit Kuppeldach, daran angegliederter Plattform mit Rundbogen und Treppe sowie einem Brückenbogen, der den Fußweg überspannt. Aber auch an Beton geht die Zeit nicht spurlos vorbei. Durch ständige Witterungseinflüsse vermoosen und veralgen die Betonoberflächen. Rissbildungen lassen Wasser einsickern. Da die Betonskulpturen unbewehrte Bauten sind – also errichtet ohne die später übliche einbetonierte Stahlbewehrung – ist der Beton nicht sehr belastbar. Zudem waren die Modelle nur für einen kurzen Zeitraum zur Demonstration gedacht und daher nicht auf stabile Fundamente aufgesetzt. Trotz mehrerer Sanierungen des Ensembles, die erste bereits 1912 und die letzte im Jahr 2006, gibt der bauliche Zustand der Objekte Anlass zur Besorgnis. Der Pavillon ist infolge einer Senkung schon seit Jahren provisorisch mit Stützen und Spannvorrichtungen gesichert und weiträumig mit einem Bauzaun abgesperrt.
Die Stadt Offenbach plant bereits seit Längerem die Sicherung der denkmalgeschützten Objekte, jedoch stößt sie dabei an wirtschaftliche, technische und denkmalpflegerische Grenzen. Um Chancen und geeignete Wege einer nachhaltigen Sicherung zu eruieren, veranstaltete die Stadt im Juli 2022 ein Symposium. Im Diskurs von Expertinnen und Experten aus den Bereichen Baukultur, Denkmalpflege, Materialwissenschaften, Architektur und Ingenieurwesen wurden die Möglichkeiten einer nachhaltigen Sicherung der denkmalgeschützten Betonbauwerke erörtert und die notwendigen Schritte dazu skizziert.
Der Expertenkreis war sich einig, dass die Betonmodelle am Standort erhalten werden sollen und dies technisch auch möglich sei. Damit wurden andere Optionen der Sicherung der Betonobjekte, wie eine Translozierung (Versetzung der Modelle zum Beispiel in ein Museum) oder eine Rekonstruktion vor Ort ausgeschlossen. Die Expertinnen und Experten betonten die besondere nationale Bedeutung und die Alleinstellung der denkmalgeschützten Betonmodelle. Diese rechtfertige auch eine notwendige aufwändige Sanierung aller Bauteile, bei der die Stadt auch bei Land und Bund Unterstützung finden würde. Für die Sanierung zeigte der Expertenkreis die erforderlichen Schritte auf. Ähnlich dem Vorgehen bei einer Burgruine sind zunächst eine ganzheitliche Bauforschung, ein Bauzeitenplan, eine historische Einordnung der unterschiedlichen Oberflächen der Betonmodelle und eine Untersuchung der noch unbekannten Materialen (zum Beispiel Mörtel) notwendig. Dazu gilt es, die vorhandenen Fördermöglichkeiten auszuschöpfen. Diese stehen sowohl für Untersuchungen als auch für Sanierungen zur Verfügung.
Da die Betonmodelle nicht akut einsturzgefährdet seien, solle kein Aktionismus für punktuelle Sofortmaßnahmen an den Tag gelegt werden. Vielmehr machten die Expertinnen und Experten deutlich, dass die Vorbereitungen unabdinglich für ein gelungenes Sanierungskonzept seien. Entsprechend solle hierbei intensiv geforscht und bauhistorisch aufgearbeitet werden. Hierfür sind grundlegende Vorarbeiten, die Einwerbung von Fördermitteln und im Anschluss die Sanierung zusammen mit Experten und Förderern zu steuern. Einige der Expertinnen und Experten erklärten sich zudem bereit, dieses Vorhaben kontinuierlich in einem Fachgremium, beispielsweise als Beirat, zu begleiten und zu unterstützen.
Bis zu den Sanierungsmaßnahmen bleiben die Abstützung und Absperrung um die Modelle bestehen. Jedoch sollen der Fahrradweg in diesem Bereich umgeleitet und das Gelände besser gepflegt werden. Zudem werden die Bürgerinnen und Bürger im Zuge der Bauforschung einbezogen, die Historie der Modelle zu dokumentieren.