Schloß Holte-Stukenbrock/Berlin (lwl/aw). Großer Schritt auf dem Weg zu einer neuen Gedenkstätte am historischen Ort des "Stalag 326": Der Haushaltsausschuss des Bundestages hat Ende November in Berlin gut 25 Millionen Euro für die geplante Gedenkstätte in Schloß Holte-Stukenbrock (Kreis Gütersloh) gebilligt. "Das Projekt ist wichtig, der Plan ist gut - das ist das Signal aus Berlin", sagte Matthias Löb, Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) in Münster zu der Entscheidung.
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) hatte im Spätsommer ein detailliertes Konzept für den Aufbau der Gedenkstätte vorgelegt und sich gemeinsam mit Partnern um eine Förderung vom Bund für das 60 Millionen Euro teure Projekt bemüht. Löb: "Offensichtlich hat das Konzept die Politik in Berlin überzeugt. Wir bedanken uns bei allen, die den Plan der Gedenkstätte so gut unterstützt haben." Das Land NRW soll die verbleibenden Investitionskosten beisteuern.
Stalag 326 ("Stammlager") war während des Zweiten Weltkrieges mit über 300.000 durchgeschleusten sowjetischen Kriegsgefangenen das größte Lager dieser Art ("Russenlager") im Deutschen Reich. Es war zentrale Drehscheibe für die "Versorgung" mit Zwangsarbeitern auf Bauernhöfen und Fabriken in Westfalen und im Rheinland. Auf dem nahegelegenen Ehrenfriedhof sowjetischer Kriegsopfer sind nach Schätzungen bis zu 65.000 Tote begraben.
Nach Auskunft von LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger wird der Betrieb der geplanten Gedenkstätte am historischen Ort rund 5,6 Millionen Euro im Jahr kosten. Das sei "absolut im Rahmen vergleichbarer Gedenkstätten nationaler Bedeutung". Der LWL soll den wesentlichen Teil der Betriebskosten übernehmen. Rüschoff-Parzinger: "Hier wird ein herausragender Ort der Erinnerung an die Geschichte von Kriegsgefangenschaft und Zwangsarbeit während der Nazi-Zeit entstehen." Man rechne mit jährlich bis zu 200.000 Besuchern.
Ein Schwerpunkt des Konzepts liege bei der digitalen Vermittlung, die Erinnerungsarbeit in der Region und über die Landesgrenzen hinaus erleichtere. "Wir wollen zum Beispiel die bekannten und unbekannten Orte in NRW einbeziehen, die bei der Ausbeutung der Kriegsgefangenen eine Rolle spielten. Das Lager war eine riesige und brutale Verteilmaschine", so die Kulturdezernentin. Wie "Stalag 326" funktioniert und große Teile der deutschen Gesellschaft eingebunden habe, müsse auch in der heutigen Vermittlung durch die Gedenkstätte eine zentrale Rolle spielen. Besonderes Gewicht legt das Konzept für die Gedenkstätte auf Fotos und Filme als Quellen, für die es im Falle des "Stalag 326" eine sehr gute Überlieferung gebe.
Stammlager 326
"Die Geschichte des Stammlagers 326 ist eine Geschichte der massenhaften, menschenverachtenden Ausbeutung sowjetischer Kriegsgefangener", führte Löb weiter aus. "Von der Ausbeutung dieser Menschen ohne Rechte haben sowohl große Unternehmen im Ruhrgebiet wie auch Verwaltungen und kleine Betriebe auf dem Lande profitiert. So wurden ganz normale Menschen Herren über Leben und Tod dieser Kriegsgefangenen." Zusammen mit Partnern wolle der LWL in Stukenbrock-Senne am Ort des ehemaligen Lagers eine "Gedenkstätte mit nationaler Bedeutung" errichten. "Wir wollen den Blick lenken auf sowjetische Kriegsgefangene als eine der größten, bislang aber kaum beachtete Opfergruppe. Und wir wollen zeigen, dass Zwangsarbeit damals alltäglich und auch in der breiten Bevölkerung bekannt war."
Der LWL habe seit einigen Jahren sein Engagement in der Erinnerungskultur verstärkt und setze seine Kultur-Fachleute auch bei "Stalag 326" ein. Das Projekt unterstützen neben dem LWL das Land NRW, der Kreis Gütersloh, die Stadt Schloß Holte-Stukenbrock und der Stalag-Förderverein. Grundlage des Antrags auf Förderung beim Bund war eine Machbarkeitsstudie des Ateliers Brückner (Stuttgart). Wer die Gedenkstätte tragen soll, schlagen die Beteiligten eines Lenkungskreises unter Leitung des NRW-Landtagspräsidenten André Kuper den entsprechenden Gremien der Partner vor.