Haltern/Münster (aw). Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) haben im Frühjahr 2019 im römischen Gräberfeld von Haltern am See zwei außergewöhnliche Funde gemacht: den kunstvoll verzierten Dolch eines Legionärs und den zugehörigen Waffengürtel. Diese Entdeckung hat Seltenheitswert: Europaweit gibt es keine weitere derartig gut erhaltene Kombination von dieser Waffe mit Scheide und dem dazu passenden Gürtel. Der kunstvoll verzierte Dolch und der Gürtel wurden nach ihrer Entdeckung in einem aufwendigen Verfahren in der LWL-Restaurierungswerkstatt in Münster wiederhergestellt.
"Die Entdeckung römischer Blankwaffen bei archäologischen Ausgrabungen ist immer etwas ganz Besonderes. Daher war sofort klar, dass der Dolch und sein Gürtel so gut wie möglich untersucht und restauriert werden mussten. Denn hinter jeder Archäologin, die nach Funden gräbt, steht ein Restaurator, der die Funde so wiederherstellt, dass die Museumsleute sie vorzeigen können", erklärt LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger. Der umfassenden Restaurierung sei zu verdanken, dass Dolch und Gürtel ihr ursprüngliches Aussehen nahezu vollständig zurückgewonnen hätten.
Auf den ersten Blick fallen die zahlreichen Verzierungen an Griff und Scheide auf, die sich vor allem auf der Vorderseite befinden. Dazu zählen die vielen silbernen Linien und Flächen, die in die Eisenbleche eingearbeitet sind. Sie ergeben Muster aus Rauten, Halbmonden und Blättern. Es handelt sich dabei um sogenannte Tauschierungen. Bei dieser Technik wurden zuerst Vertiefungen in die Bleche geschnitten oder geschlagen. Diese Vertiefungen wurden anschließend mit feinen Drähten und dünnen Blechen aus Silber und Messing ausgelegt. Die Wissenschaftler konnten nachweisen, dass einige Silberfäden aus nur 0,15 bis 0,2 Millimetern starken, in sich gedrehten Blechstreifen hergestellt wurden.
Darüber hinaus besitzt der Dolch Einlagen aus rotem Email und ebenfalls rotem, echtem Glas. Email ist eine Mischung verschiedener Mineralien, die bei hohen Temperaturen in die Vertiefungen eingeschmolzen werden und ein glasähnliches Material ergeben. "Natürlich können wir ein 2.000 Jahre altes Objekt nicht wie neu erscheinen lassen", schildert LWL-Restaurator Eugen Müsch. "Die Vielfarbigkeit von Schwarz, Silber, Rot und Gold entspricht jedoch weitgehend der einstigen Optik."
Bei aller Schönheit der Waffe betont Müsch: "Es geht nicht in erster Linie darum, Objekte mit antiquarischem Wert zu erstellen, sondern um die Gewinnung von Informationen." Um wichtige Hinweise auf die Konstruktion und den Zustand der Funde zu erhalten, wurden der Dolch und der Gürtel vor der Restaurierung geröntgt und computertomografisch untersucht.
Die Restaurierung von Dolch und Gürtel hat ein dreiviertel Jahr in Anspruch genommen. Vor allem die Restaurierung von Eisen in Kombination mit anderen Materialien ist aufwendig, da das Material dicke Korrosionsschichten bildet. Durch eine Kombination von Schleiftechniken und Sandstrahlen hat der Restaurator diese Korrosionsschichten Stück für Stück abgetragen. Nur so gelangte er wieder an die sogenannte originale Oberfläche, die im Falle des Dolches allerdings ebenfalls von Eisenkorrosion betroffen war.