Gronau (lwl/aw). Archäologen des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) sind erstmals in Westfalen auf sogenannte Eschgräben gestoßen, die im Mittelalter zur Düngung angelegt wurden. Die Fachleute fanden vor Ort in Gronau (Kreis Borken) außerdem mehr als 4.000 Jahre alte Steingeräte, die belegen, dass Jäger und Sammler die Fläche bereits in der Steinzeit genutzt haben. Die archäologischen Voruntersuchungen auf dem geplanten Baugebiet Markenfort in Gronau sind damit abgeschlossen. "Die Voruntersuchungen waren nötig, um abzuklären, ob bei einer Bebauung wichtige archäologische Befunde zerstört werden würden", erklärt Dr. Christoph Grünewald, Leiter der Außenstelle Münster der LWL-Archäologie für Westfalen.
Als die Archäologinnen des LWL in Kooperation mit der Stadt Gronau in den vergangenen Wochen insgesamt fast 1.000 Meter lange Suchschnitte anlegten, wurden sie mehrfach fündig. Dabei trugen sie jeweils zwei Meter breite Streifen schichtweise ab bis zum sogenannten gewachsenen Boden, also hellem Sand. Darin fanden sie dunkle Verfärbungen, also Spuren von Gräbern, Gräben und Gruben.
"Hier in in Markenfort war die Ausgrabung besonders aufwendig, da wir es hier mit einem mächtigen Esch zu tun hatten", so Grünewald. Diese Bodenschicht entstand im Mittelalter, als Menschen wiederholt mit Heideplaggen, also humosem und von Wurzeln durchsetztem Heideboden, gedüngt haben. Noch heute ist dieser Auftrag als dunkle Schicht von fast zwei Metern Dicke im Boden erkennbar. "In Gronau konnten wir nun erstmals in Westfalen sogenannte Eschgräben dokumentieren." Ähnlich einem Karomuster hätten die damaligen Bauern über einen Großteil der Fläche hinweg in engem Abstand schmale Gräben angelegt. Archäologen können über die Funktion von Eschgräben nur mutmaßen: "Im Emsland gibt es sie häufiger. Dort wird spekuliert, dass sie der Bodenverbesserung dienten."
Die Nutzung der Fläche am Markenfort geht noch weiter zurück. Am Rande der Dinkelaue haben schon in der Steinzeit Jäger und Sammler gerastet. Das belegt eine größere Zahl von Steingeräten. "Die nächste Nutzungsphase des Bodens datiert dann in die frühe bis mittlere Eisenzeit, also etwa zwischen 600 und 300 vor Christus", erklärt Grünewald. Im Nordwesten der Ackerfläche konnten Archäologinnen zahlreiche Siedlungsbefunde nachweisen. Abfallgruben und Pfostenspuren weisen auf mindestens einen Hof hin. Östlich, Richtung Tieker Damm, fanden die Archäologen zudem einen eisenzeitlichen Friedhof. "Vorherrschend war damals die Brandbestattung, dem entsprechend haben wir in einem kleinen Flächenausschnitt mehrere Brandgräber aufgedeckt." Eines davon war von einem Kreisgraben umgeben, der ursprünglich die Einfassung eines Grabhügels war. "Mit elf Metern Durchmesser muss dies ein eindrucksvolles Grabmonument gewesen sein", so Grünewald.
Die archäologischen Befunde konzentrieren sich insgesamt auf die nördliche Hälfte des Planungsareals. Im Süden fanden die LWL-Archäologen keine relevanten Besiedlungsspuren. Grünewald: "Insgesamt hat sich der Acker am Lukaskrankenhaus als wahre Fundgrube herausgestellt. Hier gewinnt man eindrucksvolle Einblicke in die bis zu 10.000 Jahre alte Geschichte Gronaus."
Zu der Frage, wie es nun mit dem geplanten Baugebiet weitergeht, verweist Grünewald auf die anstehenden Gespräche mit der Stadt Gronau: "Der Erhalt des Bodendenkmals steht für uns natürlich im Vordergrund. Das würde eine bauliche Nutzung im Bereich des Denkmals ausschließen. Wenn die Stadt an Ihren Plänen festhalten möchte, müssten vor einer Beseitigung weitere Grabungen zur Freilegung und Dokumentation der Befunde erfolgen. All dies muss jetzt mit der Stadt besprochen werden."