Gelsenkirchen (pm/aw). Besucher*innen des Consol-Parks in Gelsenkirchen-Bismarck haben es bereits bemerkt: Am Industriedenkmal Zeche Consolidation Schacht 9 wird momentan kräftig gearbeitet. Der Rückbau der mit dem Fördergerüst verbundenen Hängebank ist in vollem Gange; der ansonsten ruhige Ort der Freizeit und Kultur eine eingezäunte Baustelle. Anders als das markante Fördergerüst Schacht 9 steht die Hängebank nicht unter Denkmalschutz. Die Stiftung Industriedenkmalpflege unGeschichtskultur, Eigentümerin des Denkmalensembles, konnte trotz immenser Bemühungen keine Finanzierung für eine Folgenutzung des einsturzgefährdeten Gebäudes finden. Im Oktober des letzten Jahres hat daher der Rückbau begonnen.
Die Arbeiten auf dem Denkmalgelände stellten die Planer zunächst vor viele Herausforderungen. Ein schneller Abriss des Gebäudes war ausgeschlossen, denn die Hängebank ist als Schachthalle konstruktiv mit dem historischen Fördergerüst verbunden. Daher muss im Rahmen eines behutsamen Rückbaus die statische Sicherung des Schachtführungsgerüstes gewährleistet werden. Ohne die Konstruktion der Hängebank wäre sie nicht ausreichend gestützt. Der Rückbau erfolgt somit in mehreren Phasen und sieht die Errichtung eines Stahlkorsetts vor. Das soll das Führungsgerüst vorrangig gegen Windlasten aussteifen.
Bereits die ersten Vorarbeiten sorgten für besondere Dimensionen: Mehr als 90 Tonnen Staub, Ablagerungen, Abrieb, Kohlereste, Öle und andere Hinterlassenschaften aus fast 100 Jahren Zechenbetrieb mussten aus der aufgeständerten Schachthalle geräumt werden. Die Schachthalle ist alles andere als ein kleines Bauwerk. Sie misst 68,3 Meter in der Länge, 20,2 Meter in der Breite und ist 24,9 Meter hoch. Allein mit der Beräumung waren die Arbeiter mehrere Monate beschäftigt, bis der große „Kehricht“ fachgerecht entsorgt werden konnte. Hohlräume unter der Schachthalle (z.B. Kabelkanäle) sowie Bereiche der Bunkerkeller wurden mit Flüssigboden verfüllt. Er soll den Baugrund auch für schweres Gerät belastbar machen.
In einem weiteren Schritt kam der Bagger zum Einsatz. Er brach aus dem tragenden Stahlfachwerk die Mauerwerkausfachung heraus, so dass lediglich ein Stahlgerippe übrigblieb und ein riesiger Haufen alten Mauerwerks. Mit sehr viel mehr Fingerspitzengefühl und vorsichtig per Hand ging es weiter mit Arbeiten an einem Teilbereich des Dachs. Im Bereich des Schachtgerüsts wurden behutsam und kleinteilig Betonstücke raus geklopft. Eine gefährliche Arbeit, denn es musste damit gerechnet werden, dass die Beton-Bewehrung im Laufe der Jahre brüchig geworden war. Die Anforderungen aus dem Arbeitsschutz waren daher hoch, alle Arbeiter waren mit Spezialequipment angeseilt.
Für die statische Sicherung beauftragte die Stiftung das Büro Meyer Ingenieure, Bochum mit den Planungen. Passgenau „schneidert“ die dortige Statik-Abteilung ein „Korsett“ für das Führungsgerüst, welches Teile des alten Stahltragwerks der Halle mit einbezieht. Vor Ort jedoch geht es in die exakte Umsetzung, denn erst jetzt, während des Rückbaus, sind die entsprechenden Bereiche überhaupt zugänglich und es kann festgelegt werden, wo Verstrebungen und Verstärkungen erforderlich sind. 14 Tage werden die Stahlbauer hiermit beschäftigt sein. Verlaufen die Maßnahmen weiterhin nach Plan, wird in der zweiten Junihälfte mit dem eigentlichen Rückbau fortgefahren. Stück für Stück werden dann behutsam, um die Statik nicht zu gefährden, zunächst die Reste des Daches, dann die Achsen und der Kohlebunker entfernt. Im Bunker befinden sich noch 750 Tonnen alte Rohkohle aus Betriebszeiten. Sie wird zunächst separiert und zwischengelagert. Bis November sollen die Arbeiten abgeschlossen sein. Die Kosten für den Rückbau liegen bei rund 1,57 Mio. Euro, die über Städtebaufördermittel des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen finanziert sind. Die gesamte Maßnahme wird seit Beginn an bauökologisch begleitet.
Dass der Rückbau der Hängebank der Zeche Consolidation Schacht 9 bald Raum für Neues und Möglichkeiten für eine weitere städtebauliche Aufwertung der hochrangigen Denkmale in Form des Fördergerüsts und der Maschinenhäuser bietet, ist ganz im Sinne der Industriedenkmalstiftung. So begrüßt Ursula Mehrfeld, Vorsitzende der Geschäftsführung der Stiftung Industriedenkmalpflege und Geschichtskultur, dass der Rat der Stadt Gelsenkirchen in seiner Sitzung am 12.05.2022 einstimmig beschlossen hat, „die Verwaltung zu beauftragen, auf dem Grundstück Hängebank Consol (Gemarkung Bismarck, Flur 5, Flurstück 02599, sowie abhängig von der Planung weitere umliegende Flurstücke) mit den Planungen für eine sechszügige weiterführende Schule mit einer dem Bedarf der Schule entsprechenden Sporthalle zu beginnen.“