Zwickau (aw). In der letzten Woche wurde das Fassadengerüst am Nordgiebel des Gewandhauses zurückgebaut. Jetzt ist vor allem der auffallende - und jetzt auch wieder wunderschöne - Schmuckgiebel des stadtbildprägenden historischen Gebäudes wieder für Jedermann zu sehen. Die grau-weiße Fassung des Gewandhaus-Giebels basiert auf Ergebnissen sorgfältig durchgeführter restauratorischer und materialtechnischer Voruntersuchungen an den Putzen und Natursteinelementen. Zudem wurden zahlreiche historische Darstellungen des von 1522 bis 1525 erbauten Gewandhauses und dem Hauptmarkt ausgewertet und im architekturgeschichtlichen Zusammenhang betrachtet. Im Ergebnis gemeinsamer Arbeit zwischen Restauratorin und Denkmalbehörden entstand die jetzt realisierte Fassadengestaltung. Nicht nur das gewohnte Rot wurde durch ein dunkles Grau ersetzt, auch der Renaissancegiebel selbst zeigt sich heute weitaus filigraner als vorher.
Dem Rot der Fenster hingegen liegt kein Befund zugrunde, denn originale Fensterrahmen aus der Bauzeit blieben nicht erhalten. Hier wurde auf Analogien aus der Erbauungszeit des Gewandhauses und auf seinerzeit verwendete Naturmaterialien - für Zwickau typisch das „Rotliegende“ - gesetzt. Die vorgefundene Ausgangssituation zu Beginn der Baumaßnahme Ende 2016 war allerdings problematisch. Die Fassade war vor der Sanierung mit mehreren filmbildenden Öl- und Dispersionsanstrichen versehen. Diese bauphysikalische Abdichtung der Oberflächen hatte im Laufe der Jahre zu erheblichen Folgeschäden geführt. Das zuletzt außerordentlich geschädigte Erscheinungsbild dürfte den meisten noch bekannt sein.
Deshalb musste zur Reduzierung der Oberflächenspannung zunächst das gesamte Farbschichtenpaket entfernt werden. Die Maßnahme war sehr aufwändig und erforderte in der Vorbereitung gründliche Untersuchungen zur Machbarkeit, den zu verwendenden Materialien und Technologien.
Für die Neubeschichtung der Fassade war dann die Auswahl des Farbsystems von größter Bedeutung, sollte es doch sehr vielen Anforderungen gerecht werden. Neben einer guten Haftung auf allen vorhandenen Oberflächen (Alt- und Neuputze unterschiedlichster Art, gefasste und ungefasste Oberflächen, historische und neue Steinflächen sowie großflächiger Steinersatz) waren hier Lichtechtheit, Langlebigkeit, Beständigkeit und nicht zuletzt die künftige Baupflege entscheidende Kriterien. Gleichzeitig musste eine erneute Dampfsperre vermieden und die Möglichkeit der Wiederentfernbarkeit von den Steinoberflächen gewährleistet werden. Nicht zuletzt sollte der Anstrich auch noch ästhetischen und denkmalpflegerischen Anforderungen gerecht werden.
In enger Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege Sachsen und basierend auf den Erfahrungen an entsprechenden Vergleichsobjekten Schloss und Zwinger in Dresden wurde sich für Silikonharzfarbe als Farbsystem entschieden. Der Termin für die Wiedereröffnung kann derzeit noch nicht benannt werden. Verzögerungen im Zeitplan resultierten, wie bekannt, aus der Aufhebung der Ausschreibung für die Saalbestuhlung, die aufgrund der Entscheidung der Vergabekammer vorgenommen werden mussten. Die weiteren Arbeiten verliefen und verlaufen zielgerichtet und liegen im Zeitplan. Abzuwarten bleiben die Ergebnisse weiterer Ausschreibungsverfahren. Zudem kann derzeit nicht eingeschätzt werden, ob es infolge der Corona-Pandemie zu Verzögerungen in der Bauausführung oder bei den Lieferketten kommen könnte.