Bochum (aw). Es ist das erste kleine Jubiläum einer Bochumer Fotografieausstellung, die sich von einer Independent-Veranstaltung zur internationalen Ausstellung gemausert hat - zumindest was die ausgestellten Exponate angeht. Die urbEXPO feiert in diesem Jahr fünfjähriges Jubiläum und definiert sich seit der Premiere 2012 in der Bochumer Rotunde als Ausstellung, die sich mit den Themen Lost Places und Ästhetik des Verfalls auseinandersetzt. Ziel ist das künstlerisch-ästhetische Heranführen der Menschen an Orte und Bauwerke, die einst von Wohlstand und Erfindergeist zeugten und heute fast in Vergessenheit geraten sind. Jenen soll wieder mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden.
Die Vernissage war wie gewohnt gut besucht, eröffnet wurde die urbEXPO wie im Vorjahr in der Christuskirche. Gegenüber im Schlegel-Haus zeigt die urbEXPO noch bis Sonntag mit 25 ausstellenden Künstlern aus Europa und über 80 Exponaten die umfangreichste Veranstaltung der Ausstellungsreihe. Neben den gewohnten "Kandidaten" wurden in diesem Jahr einige frische und durchaus talentierte Fotografen ausgewählt. Diese präsentieren, neben bekannten und kultigen Motiven auch neue Interpretationen und Sichtweisen zu verlassenen Orten und ruinösen Bauwerken aus aller Welt - sogar Unterwasseraufnahmen sind dabei. Besonders deutlich wurden diesjährig die unterschiedlichen Bildsprachen der jeweiligen Teilnehmer hervorgehoben, genau davon lebt eine Ausstellung.
Sonderausstellung 30 Jahre Tschernobyl
In diesem Jahr präsentiert die urbEXPO ein spezielles Sonderthema. 1986, also vor 30 Jahren, ereignete sich die Nuklearkatastrophe von Tschernobyl. Infolge der Explosion des Reaktors IV gelangten radioaktive Stoffe in die Erdatmosphäre, die aufgrund radioaktiven Niederschlags hauptsächlich die Region nordöstlich von Tschernobyl sowie viele Länder in Europa kontaminierten. Bis heute ist die Region unbewohnbar, Mensch und Natur kämpfen mit den Spätfolgen. Noch immer haben wir die Bilder aus dem reaktornahen Prypjat im Kopf, wo rund 50.000 Menschen die Stadt verlassen mussten und nie zurückkehren durften. Seit einigen Jahren werden an diesem Ort Fototouren angeboten. Die Nachfrage ist groß. Motive einiger ausstellender Fotografen, die die Sperrzone besucht haben, sind auf Staffeleien in der Ausstellung zu sehen. Sie sollen erinnern und mahnen zugleich.
Viel Arbeit für Veranstalter
Wer durch die Ausstellung wandelt, bemerkt oft nicht, welche Arbeit und Entbehrung hinter der urbEXPO steckt. Wo vergleichbare Veranstalter für Ausstellungen auf ein breit aufgestelltes Team was Planung, Durchführung, Pressearbeit, Künstlerbetreuung und vor allem ein überdimensionales Budget zurückgreifen können, stemmen die beiden Veranstalter der urbEXPO in jedem Jahr die Fotoschau selbst und größtenteils ohne große Hilfe von außen. Der Bochumer Olaf Rauch entwarf 2011 die Idee zu dieser Art der Fotoausstellung und setzte selbige ein Jahr später in die Realität um. Fünf Jahre später hat sich die urbEXPO fest in der nordrhein-westfälischen Kunst- und Kulturszene etabliert. Rauch arbeitet konsequent an der Qualität der Fotoschau, profitiert von langjährigen, aber auch neuen Partnern und Kontakten.
Unterstützt wird der Bochumer von der Schwarzwälderin Roswitha Schmid, die nicht nur ein wesentlicher Bestandteil während der Vorplanungen, Auswertung der Bewerber und des fachmännischen Drapierens der auszustellenden Exponate ist, sondern die sich auch mit handwerklichem Geschick maßgeblich für die Realisierung der urbEXPO verantwortlich zeigt. Vor, und während der Fotoschau "pilgert" Schmid jedes Wochenende vom Schwarzwald in das Zentrum des mittleren Ruhrgebiets, nach Bochum. Somit gelingt es Rauch und Schmid jährlich, eine Veranstaltung auf die Beine zu stellen, die nicht nur Respekt verdient, sondern auch zeigt, wie voluminöse Projekte mit der nötigen Portion Leidenschaft für Außenstehende scheinbar spielend von der Hand gehen.
Zukunft der urbEXPO - Ein Fazit
Auch im fünften Jahr hat die urbEXPO durchaus Luft nach oben und genau das ist das Spannende. Geht nicht, gibt es (fast) nicht. Etablierte Fotoausstellungen haben den Anreiz, und sollten den Anspruch geltend machen, fortlaufend eine hohe Qualität an ausstellenden und neuen Künstlern zum Besten zu geben. Altbewährtes kann zwar für eine gewisse Zeit den Zweck erfüllen, ist jedoch nicht erfolgsversprechend. Es ist der urbEXPO zu wünschen, dass sich die Effizienz und Qualität durchweg fortsetzt, ja steigert, und man bereits im kommenden Jahr auf neue, leidenschaftliche Künstler und/oder Fotografen zurückgreifen kann. Vielfalt steht vor dem Gewöhnlichen. Die Fotografie ist bekannterweise grenzenlos. Aus dem breiten Spektrum an Bewerbern für die urbEXPO 2017 exakt die wirklich sehenswerten auszuwählen, gleicht einer Lotterie. Aber genau das sollte für die Veranstalter das Bestreben nach Bildvielfalt und fotografischen, ja künstlerischen Sichtweisen sein.
Die Fotografieausstellung läuft noch bis zum Sonntag, 4. September. Informationen zu den Öffnungszeiten unter www.urbexpo.eu