Chemnitz (aw). Die DB Netz AG hat entschieden, das Chemnitztal-Viadukt über der Annaberger Straße voraussichtlich ab 2019 abzureißen und bis 2022 durch einen viel diskutierten Neubau zu ersetzen. Noch in diesem Jahr will der Konzern beim Eisenbahnbundesamt das Baurecht für die neue Brücke über dem Chemnitztal beantragen. Gegen diese Planungen kämpfen Stadträte, Denkmalschützer und Bürger seit langer Zeit und kündigen nun auch wieder gemeinsam Gegenwehr an. Die Bahn AG rechnet mit dem Beschluss des Bundesamtes bis 2019 - somit wäre dann auch klar, welche Variante bis zum Jahr 2022 umgesetzt werden kann. Diese Planungen stellte das Infrastruktur-Tochterunternehmen jetzt im Zentralen Hörsaalgebäude der TU Chemnitz vor rund 100 Interessierten vor.
Die neuerlichen Planungen der DB Netz AG zeigen eines deutlich: Alle Einwände des eigens gebildeten Expertenbeirats gegen den Abriss blieben unberücksichtigt, erwartungsgemäß. Ingo Buhlke, Leiter im Regionalbereich Südost für Großprojekte und der Sachsen-Franken-Magistrale-Projektleiter, Lutz Buchmann, hatten bereits belegt, dass ein Erhalt etwa 8 Millionen Euro teurer wäre, als ein Neubau. Diese Kostenrechnung wurde vom Bauausschuss des Stadtrates angezweifelt. Die Bahn ließ infolgedessen die Kostenschätzungen von zwei weiteren Ingenieurbüros auswerten. Demnach kostet ein Neubau rund 12,3 Millionen Euro, der Erhalt etwa 20,2 Millionen Euro.
Verschiedene Chemnitzer warfen der Bahn erneut vor, gegen Stadt und Bürger zu handeln und diese bei der Vernichtung eines Kulturdenkmals übergehen zu wollen. Gegen Aussagen von Ingo Buhlke, die Stadt und Denkmalbehörden hätten dem Neubau bereits 2002 zugestimmt, wehrten sich Baubürgermeister Michael Stötzer und Michael Streetz vom Landesamt für Denkmalpflege entschieden. Der Großteil der Abrissgegner ist sich über die Kosten einer Denkmalsanierung im Klaren, empfiehlt der Bahn aber den Erhalt des Chemnitztal-Viadukts aus Imagegründen. Diese wären für die Bahn unbezahlbar. Noch 2014 hatte die Bahn behauptet, dass die Mehrkosten einer Erhaltung des Bauwerks kaum in die Entscheidungsfindung einfließen würde. Zeiten ändern sich, vor allem nach Gutachten.
Die stählerne Fachwerkbrücke aus zwei Bogenbrückensegmenten und mehreren Blechträger-Balkenbrückensegmenten führte einst vier Gleise über das Tal, doch sind in der Gegenwart nur noch zwei Gleise auf der Brücke verlegt. Im Rahmen größerer Neu- und Umbauarbeiten in Chemnitz ist der Ersatz durch ein neues Brückenbauwerk sowie der anschließende Abriss des Viadukts geplant. Das rund 250 Meter lange und 1906 erbaute Konstrukt gilt als eines der bedeutendsten historisch-technischen Bauwerke Sachsens. Eine gemeinsame Petition der Bürgerinitiativen Stadtforum Chemnitz und stadtbild-chemnitz.de für den Erhalt des historischen Viadukts und die Freigabe eines Gutachtens aus dem Jahr 2000 hatten im Jahr 2013 lediglich 7.370 Unterstützer gezeichnet.