Philippsburg (aw). Das Kernkraftwerk Philippsburg im Landkreis Karlsruhe, ein nuklearer Stromerzeuger, machte in der Vergangenheit eher Negativschlagzeilen - mit Störfällen, Pannen und Schlüsselverlusten. Der Siedewasserreaktor wurde nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima Anfang 2011 abgeschaltet, der Druckwasserreaktor Philippsburg II ist bis Ende 2019 am Netz. Nach Angaben des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND) gab seit dem Jahr 2000 bisher 84 meldepflichtige Ereignisse, vier wurden als Störung (Stufe 1) gemäß der INES (International Nuclear Event Scale) bewertet. Wegen Lecks in etwa 20 Brennelementen gelangte 1983 radioaktives Jod-131 in die Umwelt.
Die beiden, von der Bevölkerung als Landmarke bezeichneten Kühltürme, haben nach 40 Jahren ausgedient. Der Betreiber EnBW sprach erstmals vor drei Jahren von der Möglichkeit einer Sprengung. Weil der Platz auf dem Kraftwerksgelände gebraucht wird, zählt Geschwindigkeit. Denn auf dem frei werdenden Areal soll die TransnetBW Gesellschaft die mit großen Überlandleitungen aus dem Norden hergeschaffte regenerative Energie von Gleich- in Wechselstrom wandeln. Das dafür benötigte Umspannwerk ist bereits beschlossene Sache, die Genehmigung zur Realisierung wird in diesem Jahr erwartet.
Doch einfach nur Bohrlöcher mit Sprengladungen zu bestücken, um die rund 150 Meter hohen und jeweils aus 30.000 Tonnen Stahl und Beton bestehenden Kühltürme zu Fall zu bringen, ist keine Lösung. Zuvor muss eine Umweltverträglichkeitsuntersuchung (UVU) angefertigt werden, um die Auswirkung einer Sprengung auf die Umwelt zu klären. Beide Türme könnten in nördliche Himmelsrichtung umgelegt werden, dort ist das Areal bereits beräumt. Nach Angaben von EnBW prüft man beide Verfahren, einen Rückbau und eine Sprengung. Realisiert werden soll die Methode, die die wenigsten Auswirkungen auf die übrigen Einrichtungen und Anlagen auf dem Gelände hat.
Zwischenlager Philippsburg
Auf dem Gelände des Kernkraftwerks Philippsburg ist ein Standortzwischenlager für abgebrannte Kernbrennelemente mit einer Schwermetallmasse von 1.600 Tonnen integriert. Dieses hat 152 Stellplätze für Castoren und ging 2007 in Betrieb. Bis 2019 sollen in das Zwischenlager noch fünf zusätzliche Castorbehälter mit radioaktivem Abfall aus der französischen Wiederaufarbeitungsanlage La Hague eingelagert werden. Mit Stand April 2019 wurden dort bereits 62 Castorbehälter deponiert. Das Kernkraftwerk Philippsburg steht in Partnerschaft mit den Kernkraftwerken Tomari in Japan, Uljin in Südkorea und Chmelnyzkyj in der Ukraine.