Schmidmühlen. Die Überlebenschancen der deutschlandweit letzten Kolonie der Fledermausart „Große Hufeisennase“ sind jetzt durch das Restaurieren einer Kirche auf einem US-Truppenübungsplatz in der Oberpfalz verbessert worden. Nach Angaben der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), die das Projekt fachlich und finanziell unterstützte, konnten 13 sichere und vier weitere mögliche Fledermausarten, darunter auch die Große Hufeisennase, innerhalb oder unmittelbar um die Kirche ermittelt werden. In der Projektlaufzeit war die Zahl der nachgewiesenen Fledermäuse in und um Kirche Bergheim stetig angestiegen. Für 2016 liegen jetzt erste Beobachtungen vor. „Fledermäuse haben sehr hohe Ansprüche an ihre Quartiere. Sie gelten als Anzeiger einer lebenswerten und intakten Umwelt. Wenn wir sie schützen, tun wir uns selbst einen Gefallen“, so DBU-Generalsekretär Dr. Heinrich Bottermann.
Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), Geschäftsbereich Bundesforst, hatte 2012 in Kooperation mit der Marktgemeinde Schmidmühlen und unterstützt durch die US-Streitkräfte die rund 1.000 Jahre alte Kirche Bergheim wieder aufgebaut, die in den 70er Jahren durch eine Sprengung stark beschädigt worden war. 2013 wurde die Restaurierung als offizielles Projekt der UN-Dekade „Biologische Vielfalt“ gewürdigt.
Rudolf Leitl leitet das acht Kilometer entfernte Hohenburger Fledermaushaus und das vom Landesbund für Vogelschutz in Bayern (LBV) getragene Life-Projekt zum Schutz der Großen Hufeisennase. Er führte von 2013 bis 2015 mit Geräten, die Fledermausrufe automatisch aufzeichnen, ein Monitoring zur Erfolgskontrolle durch: „Die weithin sichtbare Kirche hat sich zu einem richtigen Rendezvous-Platz für eine Vielzahl von Fledermausarten entwickelt, darunter auch die Große Hufeisennase“, so Leitl. Im Fledermaushaus Hohenburg, im Landkreis Amberg-Sulzbach, befindet sich die letzte Fortpflanzungskolonie Deutschlands. Und diese benötige dringend Ausweichmöglichkeiten und zeitweilige Biotope als Zwischenstopp für eine weitere Ausbreitung. Ein Quartierverlust, zum Beispiel verursacht durch Blitzschlag, könne sonst das Aussterben dieser letzten Fortpflanzungsgemeinschaft der Großen Hufeisennase in Deutschland zur Folge haben. Von der Restaurierung der Kirche profitieren jetzt etwa 17 der insgesamt im Gebiet nachgewiesenen 19 Fledermausarten, die innerhalb oder in unmittelbarer Umgebung der Kirche mit speziellen Untersuchungsgeräten, dokumentiert wurden.
Alle rund 25 in Deutschland beheimateten Fledermausarten sind nach deutschem Recht streng geschützt und stehen zusätzlich nach der Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie der Europäischen Union (FFH-Richtlinie) unter Schutz. „Gesetzlicher Schutz ist notwendig, hilft aber nicht alleine“, stellt Bottermann klar. „Wenn vom Aussterben bedrohte Arten, wie die Große Hufeisennase, keine passenden Lebensbedingungen mehr vorfinden, um ihren Bestand zu sichern oder sich auszubreiten, müssen aktiv Quartiere oder Lebensraumstrukturen geschaffen werden.“ Bekannt war bereits vor der Restaurierung, dass die reich strukturierte Landschaft des Truppenübungsplatzes als Jagdgebiet von Fledermäusen genutzt wird. Eine hohe pflanzliche Artenvielfalt zieht viele verschiedene Insektenarten an: Nahrungsgrundlage für die heimischen Fledermäuse. Im Herbst zum Beispiel fressen Große Hufeisennasen größtenteils Dungkäfer, um sich Reserven anzufressen, die das Überleben im Winterschlaf gewährleisten.
„Das ist insofern interessant“, so Experte Leitl, „als hier eine gewisse Abhängigkeit zur Beweidung offensichtlich wird, weil Dungkäfer, wie der Name schon sagt, Tierkot zur Entwicklung benötigen.“ Auf dem US-Truppenübungsplatz Hohenfels ist unter anderem auch die Beweidung mit Schafen ein Bestandteil des Offenlandmanagements. Auch das dort vorkommende Rotwild trägt mit seinen Hinterlassenschaften zu einer hohen Dungkäferpopulation bei. „Überlässt man Offenlandflächen sich selbst, verbuschen sie und werden langfristig zu Wald. Um das artenreiche Offenland zu erhalten, müssen sie auf sanfte Art, wie etwa durch Schafbeweidung, bewirtschaftet werden“, sagt Bottermann.
Als Treuhänderin hat die DBU-Tochter Naturerbe GmbH vom Bund rund 60.000 Hektar auf 47 ehemals militärisch genutzten Flächen übernommen. Die zwei zur Kirche Bergheim nächstgelegenen Naturerbe-Flächen liegen 40 und 100 Kilometer entfernt und verfügen ebenfalls über Fledermausvorkommen. Leitl: „In den vergangenen Jahren konnten einzelne Große Hufeisennasen in bis zu 90 Kilometer Entfernung von der Mutterkolonie festgestellt werden. Je mehr Quartiere auf solchen Flugstrecken und in den Jagdgebieten liegen, umso günstiger ist das für die Population und vor allem deren Ausbreitungsmöglichkeiten.“ Die Kirchenrestaurierung sei daher auch ganz im Sinne eines Biotopverbundes für die Große Hufeisennase und andere Arten.
Nach Angaben der BImA waren bei der Kirchenrestaurierung verschiedene Aspekte für die Große Hufeisennase besonders wichtig: Dachboden und Langschiff wurden nicht weiter unterteilt. Zur Temperaturdifferenzierung der Hangplätze wurden zwei einfache Wärmeglocken aus Holzfaserplatten angebracht. Die Fenster wurden verbrettert und mit speziellen Einflugöffnungen versehen, die von Fressfeinden wie dem Marder nicht passiert werden können.