Schwerin/Prora (aw). Das Land Mecklenburg-Vorpommern wird mit einem symbolischen Euro einen Teil des historischen Gebäudekomplexes in Prora kaufen und dort ein Bildungs- und Dokumentationszentrum aufbauen. Der Landtag hat jetzt dem Kauf des Gebäudeteils „Kamm 7 und Liegehalle“ im Block V der Anlage zugestimmt. Nach einer umfangreichen Sanierung wird das Land dort ein neues Bildungs- und Dokumentationszentrum errichten, in dem sich Schülerinnen und Schüler sowie interessierte Bürgerinnen und Bürger über die vielschichtige Geschichte Proras in der NS-Zeit und in der DDR informieren können. Die Ausstellung soll sich sowohl an Touristen als auch an Einheimische richten.
„Es ist wichtig, dass der Gebäudekomplex in Prora nicht allein Erholungsort für Urlauber ist, sondern dass an diesem historisch vielschichtigen Ort auch Raum für Erinnerung und Bildung geschaffen wird. Gerade für die junge Generation ist die Auseinandersetzung mit diesen schwierigen Kapiteln der deutschen Geschichte sehr wichtig. Ich freue mich, dass zukünftig sowohl Schülerinnen und Schüler aus Mecklenburg-Vorpommern als auch die Klassen, die in der benachbarten Jugendherberge Zeit verbringen, in dem neuen Bildungs- und Dokumentationszentrum sich aktiv mit ihrer Geschichte auseinandersetzen können. Unsere gemeinsame Verantwortung ist es, alles dafür zu tun, dass es in Deutschland nie wieder zu einer Diktatur kommt“, sagte Bildungsministerin Bettina Martin.
„Die Entscheidung des Landtags ist ein starkes Signal für die Bildungsarbeit der dort ansässigen Vereine ‚Prora-Zentrum‛ und ‚Dokumentationszentrum‛. Sie werden nun bessere Rahmenbedingungen für ihre wichtige Arbeit erhalten. Für das große Engagement und die geleistete Erinnerungsarbeit danke ich den Mitgliedern der beiden Vereine sehr herzlich“, sagte Martin. Mit dem Aufbau eines Bildungs- und Dokumentationszentrums werde diese Arbeit größere Aufmerksamkeit erfahren.
Der Kaufpreis für den Gebäudeteil „Kamm 7 und Liegehalle“ beträgt 1 Euro zuzüglich Notarkosten. Für die Sanierung stellen Land und Bund jeweils 6,85 Millionen Euro zur Verfügung. Die Ministerin dankte darüber hinaus den Bundestagsabgeordneten des Landes, die sich in Berlin für dieses wichtige Projekt eingesetzt haben, und allen, die sich in Mecklenburg-Vorpommern seit Jahren unermüdlich für die Realisierung eingesetzt haben.
Für die Nutzung ist eine Konzeption erstellt worden. Auf fünf Etagen sollen jeweils rund 350 Quadratmeter Nutzfläche für Ausstellungen, Bibliothek/Mediathek, Seminar- und Büroräume zur Verfügung stehen. Der Gebäudekomplex von 1937 und 1939 wurde durch das NS-Regime errichtet, jedoch nie für die vorgesehenen massentouristischen Zwecke fertiggestellt.
Während des Zweiten Weltkriegs wurden hier provisorische Notunterkünfte, ein Lazarett und militärische Ausbildungsstätten eingerichtet. Von 1940 bis 1942 wurden in Prora Polizeibataillone auf ihren mörderischen Einsatz gegen Partisanen und Juden ausgebildet.
Zu DDR-Zeiten wurde das Ensemble durch die Rote Armee und die Nationale Volksarmee genutzt. Prora wurde damit zum unzugänglichen Sperrgebiet. In den 1980er Jahren waren hier auch tausende Bausoldaten stationiert, die beim Bau des Fährhafens Mukran mitwirkten.
Nach der Deutschen Einheit wurden vier der fünf Blöcke an Investoren verkauft. Im Block V ist die Jugendherberge Prora errichtet worden. Nach den Plänen des Landes soll in unmittelbarer Nachbarschaft das Bildungs- und Dokumentationszentrum entstehen.