Sassnitz (aw). Mit der Auszeichnung der Buchenwälder Jasmunds zum UNESCO-Weltnaturerbe „Urwälder der Karpaten und Alte Buchenwälder Deutschlands“ im Jahr 2011 erfährt der einzigartige Wald an der Kreideküste auf Rügen internationale Aufmerksamkeit. Im Nationalpark-Zentrum Königsstuhl wird die Faszination der Buchenwälder einem breiten Publikum nähergebracht. Allerdings liegt der Fokus dieser, jährlich von rd. 270 Tausend Menschen frequentierten Einrichtung auf allen Lebensräumen im Nationalpark, also nicht nur auf den Buchenwäldern. Das Nationalpark-Zentrum Königsstuhl ist das Herzstück in der Besucherlenkung und -information im Nationalpark Jasmund. Hier wird dem breiten Publikum die Natur des Nationalparks Jasmund emotional erlebbar gemacht.
Als im Jahr 2012 die inmitten des Welterbes gelegene, historische Waldhalle veräußert wurde, nutzten die Verantwortlichen die Chance: Mithilfe einer Spende erwarb die Stadt Sassnitz die „Waldhalle“ mit dem Ziel, das historische Gebäude zu einem für Wanderer und Spaziergänger zugänglichen Ort mit spezieller Widmung für das Welterbe rück- und umzubauen. Dadurch hat sich der touristische Auftrag des Nationalpark-Zentrums Königsstuhl inhaltlich erweitert. Neben dem markanten Standort am Kreidekliff des Königsstuhls wird die räumliche Präsenz des Nationalpark-Zentrums Königsstuhl durch den Standort an der Waldhalle ergänzt.
Die Idee, das UNESCO-Weltnaturerbe „Alte Buchenwälder“ für Wanderer und besonders Naturinteressierte zugänglich zu machen, nahm schnell Formen an: Als „Basislager“ für diese Personengruppe soll das UNESCO-Welterbeforum - so der neue Name für die historische Waldhalle – nur zu Fuß durch eine Wanderung durch das Weltnaturerbe erreichbar sein. Alles Menschliche wurde dort reduziert. Abgeschieden von der Zivilisation spürt man dort den Herzschlag der „Alten Buchenwälder“. Beruhigt und entschleunigt starten von hier die Expeditionen in die angrenzenden Wälder. Das beschwerliche Erlebnis wird damit zu etwas ganz besonderem für Interessierte.
Der Umbau stellt allerdings keine leichte Aufgabe dar. Schließlich war das bereits 1888 errichtete, zweistöckige Gebäude im Laufe der Zeit von einer Ausflugsgaststätte mit besonderem Charme zu einem schmucklosen, maroden Gebäudekomplex mit Pensionszimmern und unansehnlichen Anbauten verkommen. Zahlreiche Besitzerwechsel seit 1915 gingen mit immer neuen Konzepten und Umbauten einher. Bis zuletzt war die Waldhalle jedoch beliebtes Ausflugsziel für Touristen und Einheimische gleichermaßen. Die Lage, nur wenige Meter von der Steilküste und den Wissower Klinken entfernt, machte sie zu einem idealen Zwischenziel für die Wanderung von Sassnitz zum Königsstuhl oder zu einem beliebten Ziel für einen sonntäglichen Spaziergang von Sassnitz aus. Neben dem Königsstuhl gehören die Wissower Klinken mit der Waldhalle zu den berühmtesten Orten im Nationalpark Jasmund. Seit über 200 Jahren gelten sie als Symbole der romantischen Naturbewunderung. Sie haben bis heute ihre Anziehungskraft erhalten. Jährlich kommen hunderttausende Besucher hierher, um die Schönheit der Natur zu erleben.
Um den Charme der Waldhalle wieder zu beleben, wurden alle hinzugefügten eingeschossigen An- und Vorbauten auf der Nord- und Ostseite ersatzlos abgerissen. Der zweigeschossige Fachwerkbau wurde in seiner Substanz originalgetreu saniert. Allerdings musste das Fachwerk im Erdgeschoss durch Schwammbefall vollständig entfernt werden. Diese Bereiche wurden in einer schlichten, zeitgenössischen Formensprache abgesetzt. Die ehemalige Loggia wurde wieder geöffnet. Das Gebäude wird zukünftig wieder von allen Seiten erlebbar. Hinzugefügt wurde lediglich ein funktionaler, schlichter Riegel auf der Nordseite zur Unterbringung der öffentlichen Toiletten. Dieser fügt sich in Größe und Form in das bestehende Gebäudeensemble ein.
Mit dem Projekt UNESCO-Welterbeforum werden an historischer Stelle, alle notwendigen touristischen Nutzungen zum Erleben des Weltnaturerbes gebündelt. Das UNESCO-Welterbeforum wird somit auch eine Touristeninformation und Servicezentrale. Wanderer und Spaziergänger werden hier zukünftig persönlich begrüßt und individuell beraten. Durch einen dort eingesetzten Mitarbeiter und einen Ranger werden allgemeine Informationen vermittelt. Insbesondere Basisinformationen zum Nationalpark und Welterbe stehen dabei im Vordergrund. Aber auch Fragen zur Mobilität, zum Beispiel Informationen über Fuß- und Radwanderwege, Fahrplanauskunft zum ÖPNV und Sicherheitsinformationen sollen gegeben werden.
Herzstück des Gebäudes ist eine Ausstellung zum Weltnaturerbe. In ansprechender, unaufdringlicher Form werden die Besonderheiten der alten Buchenwälder vermittelt. Die Ausstellung animiert zum Ausprobieren, Erforschen und Vertiefen. Ein „Konferenztisch“ bietet Informationen zu den Welterbestätten der Alten Buchenwälder in Deutschland, ein großes „Wimmelbild“ bildet Atmosphäre und animiert zu einer spielerischen Entdeckungsreise in das Thema „Superorganismus Buchenwald“. Publikationen zum Wald sind für jedermann zugänglich, der sich vertiefend mit dem Buchenwald auseinandersetzen möchte. Für Gäste mit weniger Zeit sind zentrale Botschaften plakativ und emotional aufbereitet.
Im Ausstellungsraum oder der Veranda hat der Gast des Welterbeforums Gelegenheit, sich zu stärken. Ein Imbiss hält einfache Speisen und Getränke vor und die öffentlichen Toiletten sind auch außerhalb der Öffnungszeiten jederzeit zugänglich. Die Eröffnung ist für Juni 2017 geplant. Die Vorfreude bei allen Beteiligten wächst von Woche zu Woche.