Wolfsburg (pm). In Wolfsburg soll das insgesamt rund 150 Hektar große Neubaugebiet Sonnenkamp mit etwa 3.000 Wohneinheiten zwischen Nordsteimke und Hehlingen entstehen. Seit November 2019 laufen die Untersuchungen im Auftrag der Stadt und der Groth-Sahle Projektentwicklung GmbH. Jetzt stehen sie kurz vor dem Abschluss – mit interessanten Ergebnissen. „Ich freue mich, dass wir mit den ersten Vorbereitungen für das neue Baugebiet den Menschen in Wolfsburg einen bisher unbekannten Teil ihrer Geschichte wiedergeben können“, sagt Stadtbaurat Kai-Uwe Hirschheide anlässlich eines Rundgangs über die Grabungsstelle gemeinsam mit Rainer Kieschke, einem Vertreter des Projektentwicklers.
Die Archäologen haben in unterschiedlichen Etappen den nördlichsten Bereich des Baugebietes Richtung Steimker Gärten und den künftigen Panoramaweg, der die einzelnen Bereiche des Baugebietes verbinden soll, untersucht. Dabei wurde im Norden eine Fundstelle der Völkerwanderungszeit entdeckt. 22 unspezifische Gruben, denen bisher keine genaue Funktion zugeordnet werden kann, enthielten keine Funde. Allerdings konnte die Analyse von Holzkohle die zeitliche Einordnung liefern. Die Radiokarbondatierung weist auf eine Zeit im 6. Jahrhundert nach Christus hin.
Richtig spannend waren die Ergebnisse am Panoramaweg der seit Februar untersucht wird. Bereits rund 700 Jahre vor Christus konnte menschliches Wirken im Bereich nachgewiesen werden. Nach derzeitigem Stand der Ausgrabungen wurden fünf vorgeschichtliche Grabhügel entdeckt. Hierbei sind allerdings nicht die eigentlichen Hügel erhalten. Lediglich die den Hügel umgebende Kreisgräben und die in den Hügel eingegrabenen Bestattungen sind im Rahmen der archäologischen Ausgrabung nachweisbar. Die fünf Kreisgräben liegen in einer geometrischen Anordnung ohne Überschneidung.
Die Grabhügel sind elementare Bestandteile von Grabanlagen der vorgeschichtlichen Elite unserer Region. Eine soziale Rangordnung ist an der Art der Bestattung erkennbar. Die imposanten Grabanlagen mit einem Durchmesser von bis zu neun Metern sind weithin sichtbar und liegen an einem Südhang in exponierter Lage. Eine direkte Sichtverbindung zu der in den Steimker Gärten gefundenen vorgeschichtlichen Siedlung dürfte bestanden haben, ohne dass derzeit eine direkte Verknüpfung archäologisch nachgewiesen werden kann.
Unterhalb der Grabhügel hat sich ein ausgedehntes Gräberfeld entwickelt. Derzeit sind über 125 Befunde dokumentiert. Die Arbeiten werden in den kommenden Wochen abgeschlossen. Claudia Melisch, Grabungsleiterin erläutert: „Wir sehen interessante Befunde mit überraschend reichhaltiger Keramik und ringen dem schwierigem Boden seine Geheimnisse ab.“ Bei den bisherigen Untersuchungen konnten neben den hier erwähnten Befunden der Völkerwanderungszeit und dem eisenzeitlichen Bestattungsplatz unterschiedlichste Funde aus dem Mittelalter und der Neuzeit dokumentiert werden.
„Ein Blick in die Messtischblätter des Braunschweiger Landes verrät übrigens, dass der Hang, an dem die Kreisgräben entdeckt wurden, früher Hühnenbreite genannt wurde“, unterstreicht Daniel Pollok von der Unteren Denkmalschutzbehörde der Stadt Wolfsburg, die die archäologischen Arbeiten eng begleitet. „Der frühzeitige Beginn der archäologischen Untersuchungen hat sich gelohnt.“
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