Witten (aw). In einer unbeachteten Ecke war sie von Sträuchern überwachsen und in Vergessenheit geraten. Als sich die Denkmalpfleger des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) den Park der Villa Lohmann in Witten (Ennepe-Ruhr-Kreis) genauer anschauten, weil er neu gestaltet werden soll, entdeckten sie die Gartengrotte mit zugeschüttetem Teich und Brücke wieder. Jetzt hat der LWL das seltene Relikt eines gründerzeitlichen Gartens als Denkmal des Monats ausgezeichnet. "Die denkmalpflegerische Bedeutung der Grotte liegt unter anderem darin, dass Grotten als Ausstattungselemente bürgerlicher Villengärten kaum erhalten sind", sagt LWL-Gartendenkmalpfleger Uwe Siekmann. Sein Kollege Marcus Weiß ergänzt: "Das Wittener Grottenbauwerk in Verbindung mit dem Teich ist das einzige in Westfalen-Lippe bekannte Beispiel für eine künstliche Grotte in einem Privatgarten aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts."
Als die LWL-Gartenbaudenkmal-Experten im Jahr 2018 den Park der Villa Lohmann untersuchten, war ihnen schnell klar, dass hier ein aufwändig gestaltetes und seltenes Relikt eines gründerzeitlichen Gartens erhalten ist. Grotte, Teich und Brücke wurden im Mai 2019 in die Denkmalliste der Stadt Witten eingetragen. Der übrige Garten war allerdings so stark verändert, dass er keinen Denkmalwert hat. Die Grotte zeigt einen annähernd ovalen Grundriss. Ihre Rückseite besteht aus aufgemauerten Natursteinen, während die Schauseite der Grotte mit drei Öffnungen dem Teich und dem Garten zugewandt ist. Zwei der Öffnungen erschließen die Grotte über einen Gartenweg, die mittlere Öffnung bietet einen Ausblick über den Teich hinweg in den Garten.
Ob es sich bei dem für den Grottenbau verwendeten Gestein um porösen Kalktuff oder um Schlacke aus der Eisenverhüttung handelt und welche Art von Mörtel verwendet wurde, sollen weitere Untersuchungen zeigen. Ziel dieser Untersuchungen ist ein Restaurierungskonzept für das Gartendenkmal. "Die zum Grottenbau verwendeten Steine wurden so gesetzt, dass sie wie natürlicher Fels wirken. Die freien Formen der künstlichen Grotte waren nur durch in das Mauerwerk eingelegte, nicht sichtbare Eisenarmierungen möglich, die die Konstruktion stabilisierten", erklärt Weiß.
Beim Bau der Grotte und der Brücke wurden Mulden geschaffen, die bepflanzt wurden und den naturhaften Charakter der Grotte verstärkten. "Der auf historischen Luftbildern erkennbare dichte Gehölzbestand im Umfeld der Grotte legt nahe, dass unter anderem schattenertragende Pflanzen wie Moose, Farne und Efeu die Grotte begrünten", so Siekmann.
Der Teich schließt unmittelbar an die Grotte an. Er zeigt eine Uferlinie, die einer "8" ähnelt, und wird an der Engstelle von einer Brücke überspannt. Sorgfältig verlegte Ziegelsteine bilden Sohle und Böschung des Teiches. "Als spiegelnde Fläche setzte der Teich in Verbindung mit der Grotte und Brücke einen markanten Akzent im Garten. Die Brücke erfüllte nicht allein den Zweck, den Übergang über den Teich zu ermöglichen, sie war auch ein symbolhaftes, romantisches Ausstattungselement inmitten der naturimitierenden Szenerie", sagt Siekmann.
Schon seit Jahrhunderten gehören künstliche Felspartien, Grotten und Gewässer zur Ausstattung von Gärten und Parks. Eingebunden in landschaftlich gestaltete Bereiche bürgerlicher Gärten waren Grotten vor allem im 19. Jahrhundert beliebt. Wer etwas auf sich hielt, ließ seinen Garten mit einer Grotte ausstatten, zuweilen kombiniert mit einem Teich in organisch geschwungenen Formen.
Der Fabrik- und Brennereibesitzer Gustav Lohmann (1847-1934) ließ sich um 1875 das repräsentative Wohnhaus an der Ruhrstraße in Witten in direkter Nachbarschaft zur familieneigenen Kornbrennerei errichten. Zu seiner Villa gehörte auch ein von Mauern umgrenzter, reich ausgestatteter Garten mit geschwungenen Wegen, einem bewegten Geländerelief, großzügigen Rasenflächen, Baumgruppen und Zierbeeten. Eingebettet in die Gartenanlage war eine Szenerie, in der die Grotte, der ihr vorgelagerte Teich mit der Bogenbrücke und die rahmende Bepflanzung zu einer gestalterischen Einheit, ähnlich einem Bühnenbild, verschmolzen.
Spätestens seit den 1940er-Jahren hat der einst kunstvoll hergerichtete Garten infolge von Kriegseinwirkungen, Sturmschäden und gestalterischen Vereinfachungen viel von seiner Einzigartigkeit verloren. Die Gartengrotte geriet in Vergessenheit, der Teich wurde zugeschüttet.