Bonn/Eschweiler (pm/aw). Die Kooperation zwischen der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA), vertreten durch den Bundesforstbetrieb Rhein-Weser, und der Stadt Eschweiler für die Nachnutzung des Propsteier Waldes hat sich bewährt. BImA-Vorstandsmitglied Paul Johannes Fietz, Bundestagsabgeordnete Claudia Moll (MdB) und die Eschweiler Bürgermeisterin Nadine Leonhardt überzeugten sich jetzt persönlich vom positiven Verlauf der Konversion. Am 3. August kamen die Kooperationspartner vor Ort zusammen und gaben ausgewiesene markierte Wege für die Erholungsnutzung in einem Teilbereich des Propsteier Waldes frei.
Viele Konversionsziele im Propsteier Wald wurden bereits erreicht. Manch schweren Brocken mussten die Partner für ihre Ziele aus dem Weg räumen: Dazu zählen der Gebäuderückbau, die Herstellung der Verkehrssicherheit, die Ausweisung eines Standortes für erneuerbare Energien, die Öffnung des Waldes für die Bevölkerung sowie die weitere Renaturierung der Liegenschaft.
Paul Johannes Fietz gratulierte den Beteiligten zur gelungenen Konversion, die Naturschutz, erneuerbare Energien und Naherholung elegant miteinander verknüpft. Dieses Beispiel zeige, dass der Naturschutz und die Nutzung einer zuvor durchaus als problematisch anzusehenden Liegenschaft aus Zeiten des Kalten Krieges Hand in Hand gehen können. „Durch die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen Bund, Stadt, Landesbehörden und vielen Ehrenamtlichen ist es gelungen, einen für die Region herausragenden Naturraum zu entwickeln, in dem Natur- und Artenschutz Priorität haben“, so Fietz
Dies bestätigte die SPD-Bundestagsabgeordnete Claudia Moll und ergänzte: „Ich danke allen Beteiligten dafür, dass dieser einzigartige Naturraum nun auch für die Bürger erlebbar ist.“ Und die Eschweiler Bürgermeisterin Nadine Leonhardt fügte hinzu: „Die Öffnung des Propsteier Waldes ist ein Geschenk für die Stadt Eschweiler.“ „Die Entwicklung des Areals, vor allem die Bearbeitung und Harmonisierung der unterschiedlichen Zielsetzungen im Projekt, war und ist eine besondere Herausforderung“, stellte Projektleiter Achim Urmes, Leiter der Fachabteilung Naturschutz des Bundesforstbetriebs Rhein-Weser, im Rückblick fest.
Historie der ehemaligen Militärfläche
Noch im Zweiten Weltkrieg war der Propsteier Wald Schauplatz heftiger Kampfhandlungen. Mit Einzug der belgischen Gaststreitkräfte, die hinter massiven Zäunen ein großes Munitionsdepot errichteten, wurde es bereits deutlich ruhiger im „Camp Reine Astrid“, das 1995 endgültig als Militärstandort ausgedient hatte. In den vergangenen Jahrzehnten entwickelte sich das rund 375 Hektar große Areal innerhalb der militärischen Zäunung aus naturschutzfachlicher Sicht zu einem kleinen Juwel.
Die Stilllegung der Militärfläche weckte Begehrlichkeiten und inspirierte zu vielen Ideen. Für die Entwicklung der Liegenschaft gingen die Stadt Eschweiler und die BImA eine Kooperation ein. Fortan verfolgten sie drei wichtige Ziele: den Erhalt und die Optimierung des wertvollen Naturraumes, die Öffnung von ungefährlichen Teilbereichen des Waldes für die Erholungsnutzung sowie die Entwicklung eines Standortes für erneuerbare Energien.
Rückbau der Superlative
Aus Gründen der Verkehrssicherung mussten Truppenunterkünfte, Werkstätten, Lagerhäuser, Sportstätten und mehr als 370 Munitionsbunker weichen. Rund 400 Gebäude beseitigte ein Abrissbagger auf einer Gesamtbearbeitungsfläche von rund 160.000 Quadratmetern. Dabei kamen rund 9.000 Tonnen Bauschutt unterschiedlichster Art zusammen. Das anfallende Material, darunter gefährliche Stoffe wie Asbest, wurde umsichtig zurückgebaut und fachgerecht entsorgt. Abriss und Räumung des Schutts sind inzwischen abgeschlossen, lediglich die Gebäudefundamente und Teile der versiegelten Wege werden später in absehbarer Zeit noch entfernt.
Vor dem Abriss wurde jedes Gebäude auf Gefahrstoffe untersucht sowie sorgfältig von der ökologischen Baubegleitung auf Tierbesatz überprüft. Im Hinblick auf mögliche Fledermausvorkommen wurden beispielsweise doppelwandige Gebäudeverkleidungen vorsichtshalber händisch zurückgebaut. Die durch den Abriss entstandenen Verluste an potentiellen Quartieren wurden durch das Aufstellen spezieller „Fledermaushotels“ an verschiedenen Orten im Wald ausgeglichen.
Naturschutzfachlich herausragend
Ein Teil des Baumbestandes im Propsteier Wald ist sehr alt und bietet außergewöhnliche Habitate. Ob Abendsegler, Schwarzspecht oder Biber – sehr viele seltene Arten haben hier ein Refugium gefunden. Für die Wildkatze ist der Propsteier Wald vermutlich der nordwestlichste Verbreitungsraum in Deutschland. Diese bemerkenswerte Artenausstattung zu schützen und zu fördern, ist allen Beteiligten ein wichtiges Anliegen.
Blaue Wegweiser
Die freigegebenen Routen erfüllen eine wichtige Anforderung an die Öffnung des Waldes, die sich aus der hier geltenden Kampfmittelunfallverhütungsverordnung der Stadt Eschweiler ergibt. Sie garantieren den Besuchern die eigene Unversehrtheit. „Auf der gesamten Liegenschaft muss abseits der gekennzeichneten Wege ausdrücklich mit Kampfmitteln und Munitionsresten gerechnet werden. Die Gefahren bei Nichtachtung des strengen Wegegebotes sind lebensbedrohend“, erläuterte Steffi Krause vom Geschäftsbereich Portfoliomanagement der BImA die Situation. Für die Erholung sind deshalb allein die ausgewiesenen Wege zugelassen. Die Gefahrensituation und das Betretungsverbot werden auch an der Außengrenze der Liegenschaft auf mehr als 260 Warnschildern unmissverständlich deutlich gemacht.
Die „zurückhaltende“ Öffnung für die Naherholung folgt darüber hinaus auch dem Naturschutzgedanken. Sie findet auf ausgewählten Wegen statt – in vertretbarer Entfernung zu störungsempfindlichen Arten. „Wir wollen den Menschen ein besonderes Naturerlebnis bieten und gleichzeitig die wertvollen Habitate möglichst störungsfrei halten“, erklärte Eberhard Buettgen von der Stadt Eschweiler.
Große Besucherschilder an beiden Eingängen bilden die freigegebenen Wanderwege eindeutig ab und auch im Gelände sind diese nicht zu verfehlen: Fast 200 blau leuchtende Pfähle weisen den Weg. Ein Teil der Strecke ist barrierefrei zugänglich.
Investition in die Zukunft: Renaturierung und erneuerbare Energie
Nach erfolgreichem Rückbau steht zukünftig noch die Entsiegelung aller Gebäudegrundplatten sowie der nicht mehr benötigten Straßen und Wege an. Damit werden Versiegelungen in einer Größenordnung von rund elf Hektar zurückgenommen und wieder der Natur übergeben. Weitere rund zehn Hektar im Zentrum sollen als naturschutzfachlich wertvolles Offenlandbiotop erhalten und gepflegt werden. Darüber hinaus wurden rund zehn Kilometer Zaun zurückgebaut, um Wildtieren ungehindertes Wandern zu ermöglichen, Biotope und Lebensräume zu vernetzen und das Verletzungsrisiko zu minimieren.
Von den beschriebenen Renaturierungsmaßnahmen bleibt eine etwa vier Hektar große Beton-Fläche an der Glücksburg ausgenommen. Sie soll künftig als Fundament für eine Freiflächen-Photovoltaikanlage dienen, die innerhalb des nächsten Jahres etwa 3.000 Megawattstunden Strom jährlich liefert und damit rund 1.000 Haushalte im Jahr mit Strom versorgen kann. Die entsprechenden Verträge sind derzeit in Bearbeitung.
Renaturierung geht weiter
Projektleitung und Kooperationspartner melden auf allen Entwicklungsfeldern Erfolge. Viele Hürden wurden genommen, die angestrebten Ziele sind weitestgehend umgesetzt oder werden absehbar erreicht. An diesem großartigen Ergebnis war nicht zuletzt auch die Gesellschaft zur Entwicklung und Sanierung von Altstandorten mbH – eine Tochtergesellschaft der BImA – maßgeblich beteiligt. BImA-Vorstandsmitglied Paul Johannes Fietz lobte die konstruktive Zusammenarbeit aller Beteiligten: „Die gegenseitige Wertschätzung und das vertrauensvolle Miteinander sind mir bereits bei meinem vorherigen Besuch aufgefallen. Das unterstreicht den besonderen Charakter dieser Kooperation.“