Köln (aw). Die geplante Weltrekord-Sprengung am Kölner Raderberggürtel droht zu scheitern. Weil die Investoren auf dem Areal des ehemaligen Gebäudes der Deutschen Welle 700 neue Wohnungen entstehen lassen wollen (wir berichteten), wäre eine Sprengung vorteilhaft, um das Vorhaben schnell voranzutreiben. Doch das nur etwa 35 Meter entfernte Gebäude des Deutschlandradios könnte durch eine Sprengung große Beeinträchtigungen erfahren. Dies berichtete Pressesprecher Jörg Schumacher dem "Kölner Stadt-Anzeiger". Schlimmstenfalls müsste der Sendebetrieb eingestellt werden.
Was bei vielen Anwohnern für Kopfschütteln sorgt, begründet der Sender mit der Sendeverpflichtung gegenüber der beitragszahlenden Allgemeinheit. Zahlreiche Sachverständige erwarten im Falle einer Sprengung des Nachbargebäudes, in dem bereits die Asbestsanierung durchgeführt wird, erhebliche Risiken für den Sendebetrieb. Eine Fortsetzung sei in diesem Fall nicht gesichert, zitiert die Zeitung den Sprecher. Darum halte man eine Sprengung für nicht vertretbar. 700 Mitarbeiter müssten im Zeitraum der Sprengung evakuiert, das Sendesystem heruntergefahren werden. Weil die Programme jedoch 24 Stunden pro Tag und sieben Tage die Woche empfangbar sind, ist so eine Maßnahme nicht vorgesehen.
Selbst die Techniker des Deutschlandradios wissen nicht, wie das System regiert, wenn es nach einem Shutdown wieder hochgefahren wird. Ein vollständiges Programm ohne den Kölner Standort könne nur bis zu fünf Tage aufrechterhalten werden, so der Pressesprecher. Weiter würden die verfügbaren Studios und Technikanlagen für eine Übergangszeit an den Standorten WDR Köln und Bonn nicht ausreichen. Die Systeme seien nicht kompatibel.
Warum das Deutschlandradio erst jetzt, nach einer langen Vorplanung der Beteiligten, mit diesen Erkenntnissen kommt, ist unklar. Schnell wird die Erinnerung an Stuttgart 21 wach.
Entsprechend des Deutschlandradios müsse zusätzlich, im Falle einer Sprengung des Nachbargebäudes, die Belüftungstechnik abgestellt werden, damit würde die Betriebserlaubnis erlöschen. Beide Gebäude seien zudem statisch verbunden, sodass die Mitarbeiter schon jetzt die Asbestsanierungen spüren könnten. Nicht auszudenken, wie die Mitarbeiter im Falle eines monatelangen Rückbaus mit schwerem Gerät reagieren würden.
Der Immobilienentwickler DWK Die Welle Köln, einem Konsortium aus den Unternehmen Bauwens und Wohnkompanie bevorzugt nach wie vor eine Sprengung. Ein Rückbau wäre ohnehin sehr viel teurer und aufwendiger. Dem Bauaufsichtsamt liegt zurzeit keine Sprenganzeige vor. Erst dann könne man entscheiden, schreibt der "Kölner Stadt-Anzeiger" in seinem Artikel. Sollte man der Sprengung zustimmen, hätte das Deutschlandradio die Möglichkeit, vor dem Verwaltungsgericht zu klagen.