Bonn (aw). Seit dem vergangenen Wochenende gibt es in Deutschland 44 Welterbestätten. Im bahrainischen Manama hat das UNESCO-Welterbekomitee sechs neue Stätten in die Liste des Welterbes aufgenommen, darunter den Naumburger Dom (Sachsen-Anhalt). Auch Stätten wie der kolumbianische Nationalpark Chiribiquete, die Kalifat-Stadt Madīnat az-Zahrā in Spanien oder die Waldlandschaft Pimachiowin Aki in Kanada zählen jetzt zum Welterbe. Das Komitee tagt noch bis zum 4. Juli 2018. Deutschland kann sich freuen, denn mit dem Naumburger Dom gibt es in Deutschland 44 Welterbestätten.
Die sechs neuen Welterbestätten im Überblick
Naumburger Dom, Deutschland
Der Naumburger Dom zählt zu den bedeutendsten Kathedralbauten des Hochmittelalters. Er wurde zwischen 1213 und etwa 1250 errichtet und gibt Einblick in Kunst, Architektur und Technologie seiner Zeit. Mit dem Kreuzgang, der Doppelstruktur, dem Domgarten und den umliegenden Kuriengebäuden ist er ein herausragendes Architekturensemble der Spätromanik und Frühgotik. Weltbekannt ist der Dom für die Arbeiten des sogenannten Naumburger Meisters, der zwölf überlebensgroße Stifterfiguren, darunter Uta von Naumburg, und den Westlettner mit den Passionsreliefs schuf. Ausführliche Pressemitteilung zur Aufnahme in die Welterbeliste
Ivrea, Industriestadt des 20. Jahrhunderts, Italien
Die Industriestadt Ivrea in der Region Piemont war einst Experimentierfeld von Olivetti, einem Hersteller von Schreibmaschinen, mechanischen Rechenmaschinen und Computern. Hier finden sich eine große Fabrik, Verwaltungsgebäude, Wohnbauten sowie Räume des gesellschaftlichen Lebens aus seiner Zeit. Entworfen in den 1930er bis 1960er Jahren von führenden italienischen Stadtplanern und Architekten spiegelt dieses architektonische Ensemble die Ideen des Kommunitarismus (Movimento Comunità) wider. Als beispielhaftes gesellschaftliches Projekt verkörpert Ivrea eine moderne Vision der Verbindung von Fertigungsindustrie und Architektur.
Pimachiowin Aki, Kanada
Pimachiowin Aki ("das Land, das Leben schenkt") ist eine von Flüssen durchzogene Waldlandschaft mit Seen, Feuchtgebieten und Wäldern in Kanada. Sie gehört zu den angestammten Gebieten der Anishinaabeg, einem indigenen Volk von Fischern, Jägern und Sammlern. Das Gebiet erstreckt sich über Teile der Territorien von vier Anishinaabeg-Gemeinschaften (Bloodvein River, Little Grand Rapids, Pauingassi und Poplar River). Es ist ein herausragendes Beispiel für die kulturelle Tradition des so genannten Ji-ganawendamang Gidakiiminaan ("das Land hüten"), die darin besteht, die Gaben des Schöpfers zu ehren, alle Formen des Lebens zu respektieren und harmonische Beziehungen mit anderen zu pflegen. Diese Tradition wird sichtbar durch ein Netz von Flächen für Subsistenzwirtschaft, Wohnbereichen, Straßen und zeremoniellen Stätten, die durch Wasserstraßen miteinander verbunden sind.
Nationalpark Chiribiquete - "Die Heimat des Jaguars", Kolumbien
Der Nationalpark Chiribiquete im Nordwesten des kolumbianischen Amazonasgebietes ist das größte Naturschutzgebiet des Landes. Eine der Besonderheiten dieses Parks sind die sogenannten Tepuys (nach der indigenen Bezeichnung für "Berg"): Sandsteinplateaus mit Steilwänden, die den Wald prägen. Mehr als 75.000 Felsmalereien, entstanden ab 20.000 v. Chr. bis heute, befinden sich an den Wänden von 60 Felsüberhängen zu Füßen der Tepuys. Die Malereien stellen Jagd-, Kampf-, Tanz- und zeremonielle Szenen dar. Sie stehen nach heutigem Kenntnisstand in Zusammenhang mit einem Kult des Jaguars als Symbol der Macht und Fruchtbarkeit. Die Stätte wird von Indigenen als heilig angesehen.
Kalifat-Stadt Madīnat az-Zahrā, Spanien
Die archäologische Stätte der Kalifat-Stadt Madīnat az-Zahrā umfasst eine Mitte des 10. Jahrhunderts durch die Umayyaden-Dynastie als Sitz des Kalifats von Cordoba errichtete Stadt in Spanien. Nach einigen Jahren des Wohlstands wurde die Stadt während des Bürgerkrieges geplündert, der 1009/10 zum Ende des Kalifats führte. Ihre Überreste gerieten für fast 1.000 Jahre in Vergessenheit, bis sie im frühen 20. Jahrhundert wiederentdeckt wurden. Das komplett erhaltene städtische Ensemble umfasst Infrastruktureinrichtungen wie Straßen, Brücken oder Hydrauliksysteme, Gebäude, dekorative Elemente und Alltagsgegenstände. Die Stätte vermittelt umfangreiches Wissen über die heute verschwundene westliche islamische Zivilisation von Al-Andalus auf dem Höhepunkt ihrer Pracht.
Göbekli Tepe, Türkei
Die in der Bergkette von Germuş im Südosten Anatoliens gelegene Stätte Göbekli Tepe weist monumentale rechteckige und kreisförmige Megalithstrukturen auf, welche zwischen 9.600 und 8.200 v. Chr. durch Jäger und Sammler der vorkeramischen Jungsteinzeit errichtet wurden. Die Monumente wurden vermutlich bei Ritualen, wahrscheinlich Bestattungsriten, verwendet. In die charakteristischen T-förmigen Säulen gehauene Abbildungen wilder Tiere erlauben Einblicke in die Weltanschauung und den Glauben der Menschen, die vor etwa 11.500 Jahren in Obermesopotamien lebten. Göbekli Tepe ist eines der ersten Beispiele monumentaler Architektur in der Menschheitsgeschichte.