Willebadessen (lwl/aw). Die "Alte Eisenbahn", eine nie vollendete Tunnelbaustelle des 19. Jahrhunderts, lockte jetzt wieder Archäologen ins Eggegebirge. Wissenschaftler der Universität Kiel und des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) haben nahe Willebadessen in einem Kooperationsprojekt die im Wald verborgenen Hinterlassenschaften der einstigen Großbaustelle ausgegraben, darunter eine Schmiede und eine Schenke. Gemeinsam suchten die Forscherinnen nach den Resten der alten Betriebsgebäude.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts sollte hier ein Tunnel entstehen, um die Städte Warburg und Paderborn mit einer Eisenbahnlinie zu verbinden. Der Tunnelbau wurde jedoch wegen der Insolvenz der Eisenbahngesellschaft 1848 aufgegeben. Zurück blieb eine verlassene Großbaustelle. "Die 'Alte Eisenbahn' ist deutschlandweit ein einzigartiges Monument", erläutert Fritz Jürgens von der Universität Kiel die Bedeutung der Anlage. "Nirgendwo sonst haben sich so viele Spuren aus der Anfangszeit der Eisenbahn erhalten."
Das Archäologie-Team grub bis zum 23. März an mehreren Stellen des über einen Kilometer langen Geländes. "Die Anlage des Tunnels war ein Jahrhundertprojekt in diesem ländlichen Raum. Wir wollten die Infrastruktur untersuchen, die damals zum Baubetrieb nötig war", beschreibt Nils Wolpert von der LWL-Archäologie für Westfalen das Forschungsprojekt.
Im Mittelpunkt der Ausgrabungen stand eine Schmiede. Die Archäologinnen haben bereits die Esse wiederentdeckt, in der einst das Eisen zum Glühen gebracht wurde. Die gemauerte Feuerstelle ist derzeit bis zu einer Tiefe von 60 Zentimeter freigelegt und fast in ihrer vollständigen Höhe erhalten. Im Inneren der Schmiede fanden die Archäologen Eisenobjekte, unter anderem Schrauben und Nägel. Die Mehrheit der Funde ist aber bis zur Unkenntlichkeit verrostet.
Daneben entdeckten die Ausgräber zahlreiche Stücke von Schlacke, einem Abfallprodukt der Stahlverarbeitung. Darüber hinaus deutet der Stiel einer Tonpfeife darauf hin, dass der Schmied Raucher war. Die Untersuchung der Schmiede steht aber noch am Anfang. "Wir suchen noch nach den Außenmauern, um die Größe des Gebäudes rekonstruieren zu können", so Jürgens.
In einem weiteren Grabungsschnitt legen die Wissenschaftler die Mauerreste einer Schenke frei. Hier wurden vor 150 Jahren die Ingenieure und Baustellenbesucher bewirtet. Schon vor zwei Jahren hat die Forschungskooperation an dieser Stelle Teile der Grundmauern entdeckt. Anlass für die erneute Grabung ist ein im Sturm gestürzter Baum. Genau unter den Baumwurzeln lag eine Hausecke verborgen. "Für uns ist das ein Glücksfall", so Wolpert. "Wir wissen jetzt, dass die Schenke kleiner war, als wir dachten." Die Archäologen dokumentieren die Befunde und schützen sie vor weiteren Zerstörungen.
Auch an dem einstigen Wächterhäuschen setzten die Archäologinnen ihre Grabungen fort. Im letzten Jahr entdeckten sie erste Hinweise auf eine Kaminstelle, die sich nun bestätigt haben. Die Raumgliederung und Größe des Gebäudes legen nahe, dass hier auch die Baustellenverwaltung saß. Hochwertige Glas- und Tonscherben zeugen davon, dass hier nicht nur einfache Bedienstete arbeiteten.