Freital (aw). Abbruch oder nicht? Wenn es nach den Denkmalschützern geht, dann dürfte die ehemalige Lederfabrik Sohre in Freitals Stadtmitte noch lange an ihrem Platz stehen. Noch im letzten Jahre hatten sich alle Bemühungen für einen Erhalt zerschlagen (wir berichteten). Jedes Vorhaben, beispielsweise aus der Ruine ein Haus der Bildung zu generieren bliebt erfolglos. Als letzten Schritt wollte Freitals Oberbürgermeister Uwe Rumberg (CDU) die Immobilie dem Freistaat schmackhaft machen, um so einen möglichen Erhalt zu erreichen. Doch der Freistaat zeigte keinerlei Interesse. Noch bevor sich das letzte Jahr dem Ende neigte, wurden Informationen laut, nach denen Sachsens Ex-Finanzminister Georg Unland (CDU) bereits signalisierte, einen Kauf abzulehnen.
Das Landesamt für Denkmalpflege möchte jede zur Verfügung stehende rechtliche Möglichkeit ausschöpfen. Während das Landesamt mitteilte, man arbeite trotz des Neins von Unland an einer gemeinsamen Lösung mit dem Freistaat - man würde gerne die wertvolleren Teile des Gebäudes erhalten und in einen Neubau integrieren - bestreitet das Finanzministerium jegliche weiteren Gespräche. Letzteres halte an seiner Entscheidung fest. Wie die "Sächsische Zeitung" in einem Artikel im Dezember letzten Jahres mitteilte, scheint sich wohl nun auch Freitals Bürgermeister mit einem raschen Abbruch angefreundet zu haben.
Die Stadt hat bis zum heutigen Zeitpunkt gleich mehrere Gutachten anfertigen lassen. Wie erwartet kommt jedes davon zu dem Ergebnis, dass ein Abbruch die sinnvollste Maßnahme ist. Eine Sanierung würde schätzungsweise rund 8,7 Millionen Euro kosten, davon müsse die Stadt mindestens 3,8 Millionen Euro selber tragen, heißt es. Ein Abbruch schlägt da mit rund 1.5 Millionen Euro zu Buche. Demnach ist ein Erhalt des Gebäudes für die Stadt nicht zumutbar. Das Landesamt für Denkmalschutz und das Denkmalamt des Landkreises müssten nach sächsischem Denkmalschutzgesetz also eigentlich einem Abbruch zustimmen. Das Verfahren hatte sich nun in die Länge gezogen, weil dem Landkreis noch gewisse Unterlagen für eine Entscheidung fehlen.
Da wären zum einen die Unterlagen zur Dokumentation (inklusive Fotos) der Lederfabrik. Der Denkmalstatus bleibt auch dann bestehen, wenn die Immobilie abgerissen und nur noch virtuell in einem Archiv existiert. Des Weiteren fehlen noch detaillierte Gutachten, darunter jene zur baulichen Beschaffenheit und zu Altlasten, aber auch Wirtschaftlichkeits- und Zumutbarkeitsbetrachtungen. Sollten diese Unterlagen eingegangen sein, wird man innerhalb einer zweimonatigen Frist entscheiden, teilt der Landkreis mit.
Die Geschichte der Lederfabrik Sohre geht bis in das Jahr 1842 zurück, 1991 wurde die Produktion hier eingestellt. Große Teile der einstigen Lederfabrik im hinteren Teil des Geländes wurden seitdem abgerissen, im Jahr 2004 öffnete ein Supermarkt auf einem Teil der revitalisierten Flächen. Die noch erhaltenen Gebäudeteile stehen unter Denkmalschutz, werden aber nicht genutzt. Pläne vor einigen Jahren, in dem Gebäude das Finanzamt für den Landkreis einzurichten oder den neuen Sitz von Schulaufsicht und Sächsischer Bildungsagentur hierher zu verlegen, scheiterten.
2015 hatte die Stadt ein Altlastengutachten in Auftrag gegeben, dass einmal über die Zukunft der Industrieruine entscheiden und Kenntnisse aufzeigen sollte, wie aufwendig eine Sanierung wäre und welche Kosten diese mit sich bringen würde. Im selben Jahr sprach sich Rumberg gegen einen Erhalt der Fabrikruine aus. Zwei Jahre zuvor hatte die Stadt das Grundstück samt Immobilie nach einem Stadtratsbeschluss für 750.000 Euro gekauft, um Selbiges zu entwickeln. Zwei Drittel der Summe waren Fördermittel.
Die Stadt Freital und mit ihr der Bürgermeister, rechnet mit einer endgültigen Entscheidung für die Zukunft der Lederfabrik bis spätestens Ende Juli 2018. Dann wäre laut Rauthaussprecher Matthias Weigel der späteste Termin für den Abbruch.
Die "Sächsische Zeitung" hatte in einer nicht repräsentativen Online-Abstimmung gefragt, ob die Lederfabrik möglichst schnell abgerissen werden soll. Von den 99 Teilnehmern der Umfrage, die am Tag der Abstimmung aktiv wurden, sagten 72 Ja und 27 Nein. Der Stadtrat hatte Mitte Februar einen Antrag, nach dem ein Erhalt der Ruine nochmals geprüft werden sollte, mit 19 zu 10 Stimmen abgelehnt.