Zwickau (aw). Er ist der letzte Zeuge des ehemaligen Reichsbahnausbesserungswerks (Raw) Zwickau, stand seit mehr als 111 Jahren an seinem Platz und rostet heute vor sich hin. Die Rede ist vom alten Kugelwasserturm auf dem Areal des Raw Zwickau-Marienthal. Weil auf dem riesigen Gelände der Bahn eine Justizvollzugsanstalt - ein Gemeinschaftsprojekt der Länder Thüringen und Sachsen - gebaut werden soll, wurden die meisten Bauten bereits abgerissen (wir berichteten mehrfach). Weil der Wasserturm mit seinem Fassungsvermögen von 400 Kubikmetern nicht an seinem ursprünglichen Standort stehen bleiben kann, muss dieser umziehen. Zweimal war dies bereits klar, doch nun geht alles von vorne los.
Eigentlich wollte man den Turm nur versetzen, also abbauen und auf dem Gefängnisvorplatz wieder aufstellen. Dies hatte die Muldental-Eisenbahngesellschaft so geplant. Aus diesen Plänen wird jedoch nichts, dies teilte die Bahngesellschaft jetzt mit. Das Projekt liegt erst mal auf Eis. Fakt ist: Ein Abbauen und Verschrotten des Industriedenkmals ist nicht möglich. Denn laut Denkmalamt gibt es nur noch wenige Klönne-Bauwerke dieser Art in der Bundesrepublik. Die Verbleibenden sind unbedingt schützenswert. Umso unverständlicher ist also aktuell die Debatte um den Erhalt dieses historisch wertvollen Wasserturms.
Nach Angaben des Landesamtes für Denkmalschutz bliebe im aktuellen Fall nur eine Alternative. Der Wasserturm muss abgebaut und an einem Ort mit Bahngeschichte wieder aufgebaut werden. So ein Platz wäre auch in Zwickau denkbar. Weil der Bahnhofsvorplatz in Zwickau sowieso neu gestaltet wird, wäre das Aufstellen des Wasserturms eine Bereicherung für das Areal. Das sehen aber nicht alle Politiker der Stadt so, im Gegenteil. Ins Gespräch brachte diese Idee Stadtrat Lutz Feustel (CDU), der Unterstützung von Stadtrat Sven Itzek (AfD) bekommt.
Und hier wird die Situation nicht unbedingt klarer. Denn die Stadtverwaltung hat in dieser Sache keine Handhabe. Denn der Freistaat hat das Raw-Gelände - und somit auch den Wasserturm - 2013 gekauft. Somit bleibt der Baubürgermeisterin Kathrin Köhler (CDU) nur eine Option: Das Bauwerk samt Umzugsplänen dem Freistaat möglichst schmackhaft machen, denn immerhin hätte dieser alle anfallenden Kosten zu tragen. Und diese sind sehr hoch. Wie die "Freie Presse" berichtete, belaufen sich die Kosten für den denkmalgerechten Ab- und Aufbau auf etwa 600.000 Euro. Den Zuschlag hatte bereits ein Zwickauer Unternehmen bekommen - dessen Geschäftsführer Stadtrat Lutz Feustel ist!