Interessanter Fund bei Arbeiten an Anna-Ebert-Brücke

Anna-Ebert-Brücke vor den Sicherungsarbeiten. Foto: Olaf2/CC BY-SA 3.0

Magdeburg (aw). Auch bei den eisigen Außentemperaturen gehen die Arbeiten zur statischen Notsicherung der Anna-Ebert-Brücke weiter voran. Der Fortschritt ist auch oberhalb der Brücke anhand der bereits erneuerten Fahrleitungs- und Beleuchtungsmasten gut zu erkennen. Unterhalb konzentrieren sich die Arbeiten auf die Gewölbe 6 bis 8 sowie auf das Gewölbe 11. Bei der Baustelleneinrichtung in Richtung Osten ist nun ein weiterer interessanter Fund zutage getreten. Auf der Fläche nordöstlich der Brücke ist eine unterirdische Bedürfnisanstalt aufgetaucht. Das ehemalige Pissoir war 1926 an dieser Stelle errichtet worden und wurde vermutlich um 1995 im Zuge der Umgestaltung der Freifläche teilweise mit Kies verfüllt und überpflastert.

Damals gelangte man über eine halbgewendelte Treppe zu dem 2,50 Meter mal 2,50 Meter großen und komplett gefliesten Raum der unterirdischen Bedürfnisanstalt. Die Entlüftung erfolgte über eine Litfaßsäule. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg stand Archivunterlagen zufolge zudem ein kleiner Verkaufskiosk oberhalb der Toilette. Aufgetaucht ist das einstige stille Örtchen nun, da auf dem Vorplatz eigentlich 40 Tonnen schwere Silos für die weiteren Arbeiten an der Anna-Ebert-Brücke abgestellt werden sollen. Ob die für die Toilettendecke verwendete Stahlbetonplatte das Gewicht halten würde, wird gerade näher untersucht.

Die denkmalgeschützte elf-bogige Anna-Ebert-Brücke aus dem Jahr 1882 ist ein in Sachsen-Anhalt einzigartiges und historisch in höchstem Maße bedeutsames Bauwerk. Das Hochwasser von 2013 hatte schwere Schäden am Tragwerk der Brücke hinterlassen und machte die statische Notsicherung unabdingbar. Bei den dazu seit Sommer 2016 laufenden Arbeiten zur Instandsetzung sind bereits einige interessante Funde zutage gefördert worden. So wurde im September 2016 Sprengstoff im vierten westlichen Pfeiler gefunden. Insgesamt 50 Kilogramm TNT waren damals von Sprengstoffexperten gesichert worden. Eine Explosionsgefahr von dem etwa 71 Jahre dort gelagerten und mit Sand und Erdreich in Hohlräumen verdämmten Sprengstoff hat jedoch zu keiner Zeit bestanden.

Zudem wurden im Flussbett der Alten Elbe nicht nur Überreste der originalen Balustrade gefunden. – Diese war nach wiederholter Beschädigung der Brüstung in den 1970er Jahren in den Fluss gestoßen worden. An deren Stelle wurde das jetzige Stahlgeländer gesetzt. – Auch die Überreste der einstigen Holzbrücke nördlich der jetzigen Anna-Ebert-Brücke wurden geborgen. Dabei stellte sich heraus, dass es sich dabei nicht nur um eine Brücke handelte. So konnte rekonstruiert werden, dass eine hölzerne Vorgängerbrücke 1638 während des 30-jährigen Krieges zerstört worden war. Etwa an der gleichen Stelle weihte 1666 Otto von Guericke die Nachfolgebrücke ein. In den Jahren dazwischen hatte eine Behelfsbrücke die wichtige Verbindung nach Ostelbien geschaffen. Einige der Holzpfähle der alten Brücken sind auch heute noch im Flussbett der Alten Elbe zu entdecken.

Hintergrund

Seit Juli 2017 befinden sich die Instandsetzungsarbeiten in der zweiten Bauphase, in der die übrigen Gewölbe sowie die dazugehörigen Pfeiler, Widerlager und Stützwände bearbeitet werden. In der der ersten Bauphase von Juli 2016 bis Juli 2017 waren die Gewölbe 3 und 4 und die drei daran anschließenden Pfeiler fertiggestellt worden.

Die Arbeiten der zweiten Bauphase sind trotz der im Sommer extrem heißen Temperaturen und den damit verbundenen Schwierigkeiten im Zeitplan. Insbesondere hydraulisch abbindende Baustoffe wie Beton, Mörtel oder Zementsuspensionen für die Injektionen konnten zweitweise nicht mehr verarbeitet werden. Das Bauwerk selbst hatte sich auf über 30 Grad Celsius erhitzt. Es musste auf Ersatzarbeiten ausgewichen werden, bspw. die Entfernung schadhafter Steine oder Fugen. Vorteilhaft war die anhaltende Trockenheit für die Arbeiten an den Pfeilerfüßen. Das Flussbett der Alten Elbe war soweit ausgetrocknet, dass sich die sonst zur Bearbeitung notwendigen und aufwendigen Wasserbau-, Verbau- und Wasserhaltungsmaßnahmen erübrigten.

Zu den Arbeiten an der Brücke gehören im Wesentlichen die vollständige Erneuerung der oberflächennahen Fugen, die Reinigung der Steinoberflächen, der Ersatz fehlender und beschädigter Steine, die Rasterinjektion zur Verfüllung von Hohlräumen in den Pfeilern und Gewölben sowie die Querverspannung der Gewölbe und die Restaurierung bzw. Erneuerung der Bauzier. Letzteres ist ein wichtiger Schritt zur Wiederherstellung der einst imposanten Optik der Brücke, stellt jedoch auch die Fachleute vor einige Herausforderungen.

So hat das Wappen am Pfeiler 8 auf der Nordseite so starke Kriegsschäden davongetragen, dass sich die Rekonstruktion als sehr schwierig erweist. Einzig der Vorderlauf eines Tieres ist auf dem auch stark verwitterten Wappen noch zu erkennen. Überlieferungen zufolge handelt es sich dabei um das Wappen von Schleswig mit dem Symbol des Doppellöwen. Gestützt wird diese Vermutung dadurch, dass ebenfalls auf der Nordseite auf Pfeiler 3 das Wappen von Holstein abgebildet ist. Insgesamt sind rund um die Brücke an den Pfeilern und Widerlagern gestalterisch Bezüge zur Elbe sowie zu Preußen und den preußischen Provinzen geschaffen. Insofern wäre der sachliche Kontext gewahrt. Das Magdeburger Tiefbauamt wäre jedoch auch für Hinweise oder gar Fotos zum alten Wappen aus der Bevölkerung dankbar.