Wachstedt/Martinfeld (aw). Die Burg Gleichenstein, eine Höhenburg auf dem rund 460 Meter hohen Schloßberges zwischen der Gemeinde Wachstedt und dem Ortsteil Martinfeld der Gemeinde Schimberg im Landkreis Eichsfeld verfällt zusehends. Weltweit bekannt wurde das historische Ensemble durch die Falkenzucht und ganz besondere Greifvogelschauen. Viele Jahre verkam die einst so stolze Burg immer mehr zur Ruine. Vorkaufsrecht hatte in diesem Fall die Gemeinde Wachstedt, die den Kaufpreis allerdings nicht aufbringen konnte - oder wollte. In Thüringen gibt es viele dieser negativen Beispiele im Umgang mit dem historisch-baulichen Erbe. Genannt seien an dieser Stelle exemplarisch die Schlösser Reinhardsbrunn und Hummelshain.
Der aktuelle Zustand der Burg Gleichenstein ist derzeit mehr als schlecht. Wie die Gemeinde Eichsfeld berichtet, sollen die früheren Zuschauertribünen für die einstige Greifvogelschau kollabiert sein, die Außenmauern lösen sich stellenweise auf, morsches und verfaultes Holz blitzt aus dem Panoramabalkon, die Wandmalereien im Inneren sollen gänzlich verschwunden sein und im ehemaligen Festsaal fehlt das Parkett. Aufmerksam auf die schlimmen Zustände wurde die Gemeinde nur, als diese nach eigenen Angaben im letzten Jahr einen Kontaktbereichsbeamten dort hinschickte. Und es kommt noch schlimmer: Nachdem der aktuelle Investor nicht einen Cent in die Substanz investiert hatte, möchte dieser die Immobilie nun abstoßen. Kaufinteressenten sind hier allerdings nicht in Sicht.
Vor gut 20 Jahren endeten die spektakulären Greifvogelschauen auf der Burg. Die Zucht der weltweit begehrten Greifvögel ging allerdings noch eine gewisse Zeit weiter. Hauptabnehmer der überwiegend ausgebildeten Jagdfalken war zu aktiven Zeiten die arabische Halbinsel. Der spanische Investor wollte hier ein Hotel entstehen lassen, seine einzigen Investitionen galten der Greifvogelzucht. Die Burg ließ er allerdings links liegen, mit fatalen Folgen. Heute soll der Sanierungsstau so groß sein, dass eine Wiederherstellung der Substanz mehrere Millionen Euro bedarf. 2013 ordnete die Untere Denkmalbehörde Sicherungsmaßnahmen an. Im letzten Jahr hatte der Landkreis eine Sicherungsverfügung erlassen und die Denkmalbehörde mit der Sicherung beauftragt.
Historie der Burg
Erbaut wurde die Burg im 12. Jahrhundert von den Herren von Gleichen (früher auch von Velseck) unter dem Namen "Velseck". Schon 1234 wurde sie zerstört. Nur sieben Jahre später baute man in nur fünf Jahren Bauzeit die neue Burg Gleichenstein. Diese wurde erstmals im Jahr 1287 namentlich erwähnt und war von 1294 bis 180 im Besitz der Erzbischöfe von Mainz. Die Burg diente etwa 500 Jahre als Amts- und Gerichtssitz der Kurmainzischen Verwaltung des Eichsfelds - deren Hauptsitz lag auf Burg Rusteberg, einer heute verfallenen Gipfelburg auf einem isolierten Berggipfel zwischen den Gemeinden Marth und Rustenfelde im Landkreis Eichsfeld.
Schwedische Truppen unter Bernhard von Weimar eroberten 1632 die Burg, schleiften selbige elf Jahre später und zerstörten diese 1648 gänzlich. 1650 baute man die Burg ein weiteres Mal wieder auf. 1802 kam die Burg an Preußen und ging 1816 an den thüringischen Landkreis Mühlhausen. Der Kreis Worbis war ab 1952 Eigentümer des historischen Ensembles. Nachdem im 19. Jahrhundert mehrfach die Besitzer wechselten, wurde die Burg 1967 saniert. 2015 kaufte ein spanischer Investor die Immobilie für fünf Millionen Euro. Zuvor war die Gemeinde Wachstedt von ihrem Vorkaufsrecht zurückgetreten. Der Investor wollte die Burg umfassend sanieren, zahlte alleine die Hälfte des Kaufpreises für die Falkenzuchtstation neben der Burg, die bis dato zur größten in Deutschland galt.