Prora (aw). In Prora auf Rügen ist der Immobilienboom nicht zu stoppen. Dort wo früher durch die Organisation Kraft durch Freude (KdF) 20.000 Menschen gleichzeitig Urlaub machen sollten und zu DDR-Zeiten ein Militärstandort mit den größten Bausoldatentrupps Ende der 1980er Jahre zu finden war, entstehen derzeit mehr als 1.000 Ferien- und Eigentumswohnungen sowie ein Hotelkomplex (wir berichteten). Vier der fünf Blöcke des "Kolosses von Prora" auf einer Länge von etwa zwei Kilometern sind verkauft und werden nach und nach luxuriös umgebaut. Die Nachfrage ist laut der Investoren riesengross. Block 1 wird im Frühjahr 2017 saniert sein. 235 Wohnungen mit Quadratmeterpreisen von 3.250 und 6.500 Euro sind nach Angaben der Berliner Immobilienfirma Irisgerd bereits verkauft.
Block 5 ist noch immer in öffentlicher Hand, nämlich in der des Landkreises Vorpommern-Rügen. Der sucht nun einen Investor für die Immobilie. Einen eigenen Ausbau könne man wegen leerer Kassen nicht stemmen, heißt es beim Landkreis. Im Dokumentationszentrum Prora ist man beunruhigt, sieht den Umgang mit der Geschichte als Armutszeugnis. Hier hatte man laufend Ausstellung zur Geschichte des Gebäudes gezeigt, doch nun bröckelt der Putz - ein Betreten ist untersagt. Leiterin Katja Lucke blickt besorgt in die Zukunft. Sie sieht die Geschichte bei Investoren lediglich als Verkaufsargument. Uns tatsächlich gehen die Meinungen bei diesem Thema auseinander. Während viele Rüganer die Bauprojekte als Mehrwert für ihren Ort sehen, kämpfen Historiker und Fördervereine gegen den fehlenden politischen Willen, den Ort vor einer Entgeschichtlichung zu retten.
Die Gemeindeverwaltung von Binz, zu dem der Ortsteil Prora gehört, möchte den Titel "Seebad" bekommen. Aus diesem Grund hat sie den Titel und den Beitritt der Gemeinde zum Heilbäderverband des Landes beantragt. Die lukrative Bezeichnung "Kurort" wird vom Sozialministerium vergeben und ist für Gemeinden wegen der sich dadurch ergebenden Kurtaxe finanziell eine lukrative Bezeichnung. Grund für den Antrag der Gemeindeverwaltung sind aber vor allem finanzielle Gründe, denn für den Bau von Toiletten, Strandreinigung und Besetzung von Rettungstürmen muss die Gemeinde in Vorkasse gehen. Bürgermeister Karsten Schneider sieht zwischen den Ortsteilen Binz und Prora keine Konkurrenz, vielmehr eine Symbiose. Denn Binz, so Schneider stehe für das Elegante und Mondäne, Prora für das Junge und Szenehafte.
Sieben verschiedene Arten sind im Landesgesetz über eine Anerkennung als Kurort verankert: Heilbad, Seeheilbad, Seebad, Kneipp-Heilbad, Kneipp-Kurort, heilklimatischer Kurort und Luftkurort. Bleibt also abzuwarten, welche Entscheidung diesbezüglich getroffen wird.