Dortmund (lwl). 1964 nahmen 76 Jugendliche aus der Türkei Abschied von ihrer Familie und einem oft behüteten Dorfleben und fanden sich nach einer langen Bahnfahrt im spätherbstlichen, kühlen Ruhrgebiet wieder. Sie sollten zu fremden Menschen "Mutter" und "Vater" sagen und sich an vollständig andere Lebensumstände gewöhnen: Um spätestens 5 Uhr aufstehen, um 6 Uhr bei der Arbeit sein, Butterbrote kauen, schwer arbeiten, bald sogar unter Tage, und lernen, lernen, lernen. Neun dieser ehemaligen Jugendlichen erzählen ihre Geschichte in der Wanderausstellung "Glückauf in Deutschland", die ab Samstag (21.5.) im LWL-Industriemuseum Zeche Zollern zu sehen ist.
Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) zeigt die Schau mit szenischen Fotografien von Cornelia Suhan und dokumentarischen Bildern aus fünf Jahrzehnten bis zum 14. August in seinem Dortmunder Industriemuseum. Produziert wurde die Ausstellung vom Verein für Internationale Freundschaften (ViF e.V.), einem Selbsthilfeverein und Begegnungsort für ältere Arbeitsmigranten.
Die türkischen Jugendlichen wurden in verschiedenen Pestalozzidörfern in Dortmund und Castrop untergebracht, einige auch in deutschen Familien. Am 1. April 1965 begannen sie ihre Lehre an den Berufsschulen der Zechen Hansa, Germania, Erin und Emscher-Lippe, legten die Knappen- und Facharbeiterprüfung ab und wurden später Techniker, Ingenieur oder Steiger. Auch ein Betriebsrat ist unter ihnen.
Ihre Geschichte ist ein Zeugnis für gelebte Integration dank betrieblicher Förderung, öffentlicher Anteilnahme und medialer Begleitung. Jeder hat seine eigene Strategie gefunden, mit den Schwierigkeiten des Anfangs klarzukommen. Sie sagen heute: "Wir sind stolz auf das, was wir erlebt, durchgemacht, geleistet und erreicht haben."
Glückauf in Deutschland
21.5.-14.8.2016
LWL-Industriemuseum Zeche Zollern
Gruebenweg 5, 44388 Dortmund
Geöffnet Di-So 10-18 Uhr
www.lwl-industriemuseum.de