Dortmund (aw/lwl). Das LWL-Industriemuseum Zeche Zollern in Dortmund beschreitet mit der neuen Dauerausstellung zur Geschichte der Zeche Zollern neue Wege für mehr Teilhabe von Menschen mit Behinderungen: Über ein Leitsystem am Boden, Objekte, Fotos und Schriften zum Tasten sowie Hörstationen können sich Blinde und Sehbehinderte die Präsentation im historischen Verwaltungsgebäude des Bergwerks eigenständig erschließen. Darüber hinaus sind alle Vitrinen so konstruiert, dass Rollstuhlfahrer die Möglichkeit haben, die Exponate zu sehen und Texte zu lesen.
Für Matthias Löb, Direktor des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL) ist die neue Präsentation "ein weiterer wichtiger Schritt Richtung Inklusion". "Wir brauchen keine eigenen Ausstellungen für Menschen mit Behinderungen, sondern wir arbeiten in unseren 17 Museen daran, nach und nach Barrieren abzubauen, damit möglichst viele Menschen dieselben Angebote nutzen können. Gemeinsam mit den Experten in eigener Sache wollen wir Lösungen finden. Die neue Dauerausstellung ist dafür ein gelungenes Beispiel", erklärte Löb.
Bei Konzept und Umsetzung der Schau hat das Museum eng mit der Landesarbeitsgemeinschaft Selbsthilfe NRW e.V. sowie Vertretern von Blindenvereinen zusammen gearbeitet. "Wir verstehen unser Museum als ein Forum, das möglichst viele Gruppen der Gesellschaft in seine Arbeit einbezieht. Der Austausch mit Menschen mit Behinderungen hilft uns, zielgruppengerechte Angebote entwickeln - nicht nur hier auf der Zeche Zollern, sondern auch an anderen Standorten des LWL-Industriemuseums", betonte Museumsdirektor Dirk Zache.
Die gesamte Ausstellung folgt dem Zwei-Sinne-Prinzip. "Das heißt, es gibt immer mindestens zwei Zugänge zu den wichtigsten Inhalten", erläutert Museumsleiterin und Kuratorin Dr. Anne Kugler-Mühlhofer. Durchgehendes Element in den 15 Räumen sind rote Stelen, die zu "sprechen" beginnen, wenn man ein Schubelement herauszieht. Zentrale Texte in Pyramiden- und Braille-Schrift sowie ein Tastfoto mit reliefartigen Konturen ergänzen die Vorlesefunktion.
Auf der Rückseite der Stelen befindet sich ein Orientierungsplan mit Hinweisen über weitere Hörstationen oder Objekte zum Anfassen im jeweiligen Raum, darunter etwa eine Bronzebüste des irischen Unternehmers William Thomas Mulvany, der als Teilhaber einer irischen Investorengruppe Mitte des 19. Jahrhunderts den Bergbau im Revier mitprägte.
Den roten Faden der gesamten Ausstellung bildet die Geschichte der Zeche Zollern im Spannungsfeld der technischen, wirtschaftlichen und politischen Entwicklung. Zeitlich spannt die Schau einen Bogen vom Bau der 1902 eröffneten "Musterzeche" über die Betriebsgeschichte bis zur Umnutzung als Industriemuseum. Zu den herausragenden Exponaten gehören Teile eines historischen Zechenmodells von Zollern mit Maschinenhalle, Schachthalle und Fördergerüst, das für die Lütticher Weltausstellung von 1905 angefertigt worden war. Eindrucksvoll auch ein 340 Kilogramm schweres Modell der Fördermaschine im Maßstab 1:10 - präsentiert vor einer wandgroßen historischen Fotografie aus dem Innern der Maschinenhalle.
"Wichtig waren uns bei der Ausarbeitung vor allem die Menschen, die hier in den vergangenen über 100 Jahren arbeiteten und das Geschick des Betriebes mitbestimmten, ob als Direktor, Hauer, Anschläger oder Zwangsarbeiter während der Kriegsjahre", so Kugler-Mühlhofer.
Mit der Eröffnung der neuen Dauerausstellung ist das historische Verwaltungsgebäude jetzt auf beiden Etagen als "begehbares Denkmal" komplett erschlossen. Bei der Sanierung und Gestaltung sollte die frühere Nutzung des Gebäudes, in dem Büros, aber auch die Waschräume der Steiger untergebracht waren, sichtbar bleiben. So sieht der Besucher Farbreste an den Wänden, geflieste Wände, Duschköpfe und Waschbecken. Auch die prächtige Empfangshalle erstrahlt heute wieder in ihrer ursprünglichen Farbgebung. Für Dirk Zache bietet der Rundgang einen "spannenden Mix aus historischen Spuren und aktueller Ausstellungsgestaltung".