Ausbesserungswerk Schwetzingen

Das Ausbesserungswerk Schwetzingen bestand von 1918 bis 1989 und wurde als "Eisenbahn-Betriebswerkstätte" eröffnet. Im Werk wurden bis 1930 Dampflokomotiven und später Güterwagen gewartet und ausgebessert. 1912 beschloss der Bürgerausschuss Schwetzingen in einer Sitzung einstimmig die Errichtung einer Eisenbahn-Betriebswerkstätte. Grund dafür war die Streckenlänge der Eisenbahnen im Deutschen Reich und der dadurch bedingte Ausbau der Hauptstrecken. Bei einer Streckenlänge von rund 51.000 Kilometern reichten die vorhandenen Werkstätten für die Fahrzeugbestände nicht mehr aus. Diesbezüglich regte man den Bau eines Eisenbahnausbesserungswerkes im Raum Mannheim/Heidelberg an.

Nach dem Beschluss baute man in den Jahren 1913 bis 1917 das neue Werk in Schwetzingen. Durch den Ersten Weltkrieg hatte die Betriebsstätte eine hohe Auslastung und verfügte über 1.100 Beschäftigte. Damit galt das Eisenbahnausbesserungswerk Schwetzingen auf Jahrzehnte als größter Arbeitgeber im Raum Schwetzingen/Plankstadt. Über die Jahre entstanden diverse Einrichtungen auf dem Gelände, wie Elektrowerkstatt, Mechanische Tischlerwerkstatt, Bremsventilwerkstatt, Betriebsschlosserei, Ausbildungswerkstatt, Eichwerkstatt, Drehgestellkocherei, Schmiede und Federschmiede, Tragfeder-Aufarbeitung, Lagergießerei, Schweißerei, Altholz-Aufarbeitung, Lackiererei, Sattlerei, Farblager, Werkfeuerwehr, Kesselhaus mit Trafo-Station, ein Kläranlage und viele mehr. Einige davon wurden auch wieder stillgelegt, gerade in den 1930er Jahren wo die Aufarbeitung von Dampflokomotiven wegfiel.

Der Zweite Weltkrieg brachte wesentliche Veränderungen der Infrastruktur auf dem Areal mit sich. Man ergänzte das Ausbesserungswerk um diverse Bunkeranlagen, darunter einen Hochbunker (Winkelturm) und vier Tiefbunker, die noch heute existent, aber unzugänglich sind. Den Hochbunker sprengte man nach Kriegsende. Um sich vor Fliegerangriffen zu schützen, baute man auf den Dächern der Werkhallen Beobachtungstürme, bestehend aus 20 Zentimeter dicken Panzerplatten, die als Splitterschutz dienen sollten. 1943 integrierte man auf dem Areal einen Scheißstand. Bei einem Bombardement im Jahr 1945 beschädigte die Royal Air Force das Ausbesserungswerk schwer.

In der Nachkriegszeit gingen die Beschäftigtenzahlen konsequent zurück. Da in der Industrie weitaus bessere Verdienste möglich waren, wechselten viele Angestellte ihre Arbeitsstätte. Um dem Weggang der Kräfte entgegen zu wirken, beschäftigte man Gastarbeiter, die aber ab 1965 wegen des geringen Arbeitsaufkommens in den Rangier- und Verladedienst versetzt wurden. Mit der Absicht, das Werk zu schließen, reduzierte man die Arbeitsleitung und löste die Verträge mit zahlreichen Beschäftigten auf. In den 1970er Jahren unternahm die Personalvertretung samt Werksleitung alle Anstrengungen, um eine Schließung des Ausbesserungswerkes zu verhindern. Man bezog zu diesem Zweck Politiker des Deutschen Bundestages sowie des Landtages, den Bundesminister für Verkehr und den Hauptpersonalrat der Deutschen Bundesbahn mit ein. Betroffene Angestellte und deren Angehörige veranstalteten Protestaktionen in Schwetzingen.

Alle Bemühungen gegen eine Schließung waren erfolglos. Im Oktober 1983 wurde ein Erlass des Bundesministers für Verkehr genehmigt, der das sofortige Ende des Ausbesserungswerks zur Folge haben sollte. Zwei Jahre später erreichte man noch einmal die Einbeziehung des Werks in die Leistungsplanung der Güterwageninstandsetzung. 1987 versetzte man zahlreiche Beschäftigte in das Ausbesserungswerk Karlsruhe, wenige Monate später verfügte die Zentralstelle Mainz den weiteren Abbau von Arbeitskräften, der zur völligen Stilllegung des Werks führte. Der letzte ausgebesserte Güterwagen verließ das Ausbesserungswerk Schwetzingen am 10. Oktober 1988. 1989 ging die 70-jährige Eisenbahngeschichte in Schwetzingen zu Ende.

Auch nach der Stilllegung des Ausbesserungswerkes blieb in den Folgejahren die Deutsche Bahn (später das Tochterunternehmen Aurelis) Eigentümer. Die meisten Gebäude auf dem Areal verfielen, das Verwaltungsgebäude diente als Übergangsheim für Aussiedler und Asylbewerber. Zu diesem Zweck wurden auch noch zusätzlich kleinere Gebäude auf dem Werksgelände errichtet. 2011 entfernte man alle, nicht unter Denkmalschutz stehenden Gebäude.

Auf dem nördlichen Teil des Geländes eröffnete der französische Sportartikelhersteller Decathlon 2013 ein Logistikzentrum. Für den kleineren Südteil, welcher der Stadt Schwetzingen kostenfrei überlassen wurde und in dem sich auch die unter Denkmalschutz stehenden Bauten der ehemaligen Wagenrichthalle II, des Pförtnerhauses sowie eines weiteren Wohnhauses befinden, ist seit Langem eine gemischte Nutzung vorgesehen. Bisher ist jedoch nicht viel passiert.

Quellen: Deutsche Bahn, Wikipedia, Schwetzinger Zeitung, privat

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Dokument erstellt am 22.09.2016
Letzte Änderung am 22.09.2016