Am Stadtrand Hannovers entstand 1847 das Eisenbahn-Ausbesserungswerk Leinhausen, welches zeitweise neben dem Ausbesserungswerk München-Freimann als zweitgrößtes Ausbesserungswerk der Deutschen Bundesbahn galt. Weil mit dem Aufschwung des Eisenbahnverkehrs die 1842 gegründete Reparaturwerkstatt der Königlich Hannöverschen Staatseisenbahnen der Erweiterung der Gleisanlagen des Hauptbahnhofes weichen musste, kaufte die Eisenbahnverwaltung außerhalb der hannoverschen Stadtgrenzen ein großes Gelände in den Gemarkungen der Dörfer Stöcken und Herrenhausen zur Gründung einer großen Reparaturwerkstatt (Königlich Preußische Hauptwerkstätte Leinhausen).
Das Grundstück bot genügend Platz für die Werkstätten und eine Wohnsiedlung (Colonie Leinhausen) für die dort beschäftigten Arbeiter, Angestellten sowie Beamten und deren Familien. Geplant waren 400 Wohnungen. Mit dem Bau wurde am 18. Juni 1874 begonnen. Es wurde eine Lokreparaturhalle mit 31 Ständen und einer Schiebebühne errichtet, eine Wagenreparaturhalle mit 19 Ständen, sowie die erforderliche Nebeneinrichtungen wie Kesselhaus, Gießerei, Kesselschmiede. Für das Wagenersatzteillager verwendete man Teile des ersten hannoverschen Hauptbahnhofes. Ab dem 31. März 1878 begann der Betrieb in den neuen Gebäuden mit den ersten aus Hannover verlagerten Werkstätten mit zunächst 400 Beschäftigten.
Mit der starken Zunahme des Eisenbahnverkehrs mussten auch die Gebäudeanlagen ständig erweitert werden, so dass bis 1914 fast jährlich Gebäude neu erstellt wurden oder den neuen Anforderungen, bedingt z. B. durch größere Lokomotiven oder schwerere Montageteile, angepasst wurden. 1881 wurde eine Wagenschnellausbesserung eingerichtet, 1882 eine zweite Lokreparaturhalle mit 42 Ständen. Auch ein Oberbaumateriallager wurde eingerichtet. 1887 wurde der Haltepunkt Leinhausen an der Strecke nach Wunstorf eingerichtet, damit war ein besserer Verkehrsanschluss vorhanden. Daneben gab es aber auch einen Arbeiterzug, der dreimal täglich vom Hauptbahnhof über Hainholz direkt in das Werkgelände verkehrte. Diese Verbindung gab es bis in die 1970er Jahre.
1881 wurde nach einem Großbrand auf dem Gelände eine erste freiwillige Feuerwehrabteilung gegründet. 1887 wurde sie offiziell zur „Freiwilligen Feuerwehr der Königlichen Eisenbahn-Hauptwerkstätte“. Sie war mit einer modernen Dampfspritze ausgestattet, die als die modernste und leistungsfähigste Spritze von Hannover und des ganzen Umlandes galt. 1901 wurde die Werkfeuerwehr als Gemeinde-Pflichtfeuerwehr für die Colonie Leinhausen durch den Landrat anerkannt. Sie erhielt damit den öffentlichen Status ähnlich einer Freiwilligen Feuerwehr (z. B. feuerpolizeiliche Rechte und öffentliche Aufgaben).
Die Reparaturwerkstatt für Reisezugwagen wurde 1906 erweitert, die Lokreparatur 1907 nochmals um 36 Stände erweitert. Ein großer Wasserturm wurde 1909 errichtet. Zur gesundheitlichen Versorgung der Eisenbahner wurde 1906 eine durch das hannoversche Diakonissenmutterhaus Henriettenstift betriebene Schwesternstation eingerichtet. 1914 hatte das Werk ca. 3200 Mitarbeiter. Wurden bisher nur Tenderlokomotiven betreut, so wurde 1917 eine Tenderwerkstatt eingerichtet, so dass auch die Untersuchung von Schlepptenderlokomotiven möglich wurde. Während des Ersten Weltkrieges diente das Werk aber auch eisenbahnfremden Zwecken, so wurden Granaten und Munition hergestellt. In der Wagenwerkstatt wurden Lazarettzüge ausgestattet.
Nach Ende des Ersten Weltkrieges zählt das Werk durch die Kriegsheimkehrer ca. 5800 Beschäftigte. Das ist der höchste jemals in der Geschichte des Werkes erreichte Personalstand. Das Werk war damit mit Abstand das größte Werk der 1921 gegründeten Deutschen Reichsbahn.
Monatlich wurden 60 bis 65 Lokomotiven instand gesetzt, jährlich 2000 Güter- und Reisezugwagen, außerdem wurden 600 Weichen neu gebaut und 600 aufgearbeitet. 1925 wurde die Fließbandfertigung eingeführt, das Werk beschränkte sich dadurch vorwiegend auf die Unterhaltung der preußischen P 8. 1928 waren noch 3718 Arbeiter und 284 Beamte beschäftigt, so dass das Werk immer noch das größte Ausbesserungswerk der Reichsbahn war. Der vom Ingenieur Franz Kruckenberg konstruierte sogenannte „Schienenzeppelin“ wurde in mehrjähriger Bauzeit in Leinhausen aufgebaut und gewartet. 1929 kam die Instandsetzung von Triebwagen, insbesondere der ehemals preußischen Akkumulatortriebwagen.
Bedingt durch die Weltwirtschaftskrise und dem damit einhergehenden Rückgang des Transportvolumens nimmt auch der Bedarf an Werkstattkapazitäten und Mitarbeitern ab. So wurde am 29. Juli 1931 die Lokreparatur aufgegeben, die letzte fertiggestellte Lok war die 38 3187. Am 1. April 1933 sind noch 2016 Mitarbeiter beschäftigt. 145 Triebwagen, 3359 Personenwagen und 360 Güterwagen werden in diesem Jahr untersucht. Das Werk übernahm 1935 Reparaturaufgaben für Kraftfahrzeuge der Bahn (LKW für den Stückguttransport und Omnibusse). 1941 wird aus dem Ausbesserungswerk Leinhausen das Reichsbahnausbesserungswerk Hannover. Auch die Lok- und Tenderreparatur, vornehmlich der DR-Baureihe 50 und der Baureihe 91.3 wird wieder aufgenommen.
Am 19. Oktober 1943 wurde das Werk bei einem Bombenangriff fast vollständig zerstört. Eine Zeitlang war geplant, das Werk ganz aufzugeben und dafür in Seelze ein neues Lokausbesserungswerk zu errichten. Nachdem sich die Verhältnisse wieder weitgehend normalisiert hatten, wurden die Aufgaben neu geordnet. Die Triebwagen wurden zukünftig im AW Limburg unterhalten, die Weichenfertigung ging an das AW Witten.
Mit Gründung der Deutschen Bundesbahn als Nachfolger der Deutschen Reichsbahn AG, firmierte das Werk unter dem Namen "Eisenbahn-Ausbesserungswerk Hannover". Nach dem Ausbesserungswerk München-Freimann war es das zweitgrößte der DB. 1952 wurden die Baureihe 50 an das AW Bremen und die Baureihe 91.3 an das AW Jülich abgegeben, 1953 die letzte Lok untersucht und die Lokreparatur erneut aufgegeben. In die Lokrichthalle zog die Signalfertigung ein.
Im Rahmen des Wiederaufbaus des Wagenparks der Deutschen Bundesbahn nach dem Zweiten Weltkrieg hat es eine wesentliche Rolle eingenommen, da hier einige für die Nachkriegszeit charakteristische Personenwagen-Serien gebaut und teilweise auch entwickelt wurden. Dazu zählten die Umbauwagen, von 1953 bis 1958 die dreiachsige und von 1958 bis 1960 die vierachsige Variante. 1962 bis 1965 erfolgte die Fertigung der n-Wagen. Daneben wurden bis 1963 vorwiegend Güterwagen unterhalten. Nach 1963 wurde der Umbau und die Unterhaltung der Bahndienstwagen hier konzentriert. Die Kraftfahrzeug-Unterhaltung wurde 1959 nach Bremen verlagert.
Zwischen etwa 1965 und 1975 bereitete die Deutsche Bundesbahn in Abstimmung mit den anderen europäischen Bahnverwaltungen, ihren Wagenpark auf die für 1981 europaweit geplante Einführung der Automatischen Kupplung (Vorhaben „AK“) vor. Dazu mussten erhebliche konstruktive Umbauten an allen im Einsatz befindlichen Wagen vorgenommen werden, um die über die neue Kupplung mittig statt bisher über die Puffer an den Seiten eingeleiteten Druckkräfte im Wagenunterbau aufnehmen zu können. Außerdem waren einfache sowie vor allem schnelle Montagemöglichkeiten für die schwere und voluminöse neue Kupplungsaufnahme nötig.
Hierzu wurden die für andere Wartungsaufgaben nicht mehr benötigten Werkstattkapazitäten eingesetzt. Außerdem wurden überall im Bundesgebiet (auch in Leinhausen) großzügige Werkstatt-Kapazitäten (Hallen mit Gleisanschluss) vorgehalten, um die eigentliche Umstellung der vorbereiteten Fahrzeuge für den gesamten Wagenpark in sehr kurzer Zeit (wenige Monate) durchführen zu können. 1975 wurde das gesamte Programm europaweit ausgesetzt, später ganz abgebrochen; für die nun bundesweit brachliegenden Montage-Kapazitäten waren keine Aufgaben mehr absehbar und sie wurden in der Folge, auch in Leinhausen, abgebaut.
Die Schnellausbesserung wurde 1967 nach Seelze verlagert. 1992 wurde das eigentliche Ausbesserungswerk endgültig geschlossen. Nur noch kleinere Betriebsteile arbeiten auf dem Gelände. In der Folge gab es Überlegungen, das Werksgelände komplett zu räumen und für den Wohnungsbau zu verwenden. Im Rahmen der Erweiterung des hannoverschen Stadtbahnnetzes und dem resultierenden Bedarf an zusätzlicher moderner Werkstattkapazität für Stadtbahnfahrzeuge wurde ein Teil des Geländes 1994 verkauft und für den Bau einer hochmodernen Stadtbahnwerkstatt der ÜSTRA genutzt. Dabei war durch die in der Nähe verlaufende Stadtbahnlinie zum Volkswagenwerk Hannover-Stöcken der Anschluss an das Stadtbahnnetz einfach zu realisieren und das Gelände bekam direkten Gleisanschluss zum Netz der ÜSTRA.
1998 nahm der neu erbaute Betriebshof Leinhausen der Üstra den Betrieb auf. Auf dem Gelände fand bis 2008 rund 130 Jahre lang ununterbrochen Wartung und Reparatur von Schienenfahrzeugen statt. Einige erhaltenswerte Gebäude der alten Werksarchitektur wurden unter Denkmalschutz gestellt und warten auf ein langfristig überzeugendes Nutzungskonzept. Es existieren auf dem Gelände zwei große Werkstätten für die Wartung von S-Bahnen und von Straßenbahnen der Üstra.
Quelle: Wikipedia, Üstra, privat
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Dokument erstellt am 15.08.2017
Letzte Änderung am 15.08.2017