Bahnhof Hiltrup

Die Geschichte beginnt am 4. März 1846 mit der Genehmigung des Baus einer 34,7 km langen Eisenbahnlinie zwischen Münster und Hamm. Bereits am 28. Mai 1848 wurde auf dieser ersten Eisenbahnlinie im Raum Münster mit drei Zügen täglich der Betrieb aufgenommen. Die Haltestelle für Hiltrup, Albersloh, Amelsbüren und Wolbeck lag am Grenzweg in der Hohen Ward und hieß "Station Dicke Wief", in Anlehnung an das nahegelegene Gasthaus "Dicke Wieve".

Die Haltestelle lag 20 Minuten Fußweg vom alten Dorf entfernt, inmitten der Heide, was ein deutlicher Nachteil war. Der einzige Vorteil: Es gab dort Sandgruben, die für die Bahnlinie zusätzliche Einnahmen brachten. Doch die Lage war zu abgelegen, so dass sich der bekannte Reichskonsul a.D. August Schenking dafür einsetzte, die Station näher an den Ort Hiltrup zu verlegen. Er stellte Geld und Grundstück bereit, und zum 1.8.1868 wurde die Personenhaltestelle nach Hiltrup an den heutigen Standort am alten Landweg nach Wolbeck, der heutigen Marktallee, verlegt. Hier erhielt der Bahnhof Hiltrup auch das erste Empfangsgebäude. Der Güterbahnhof für Wagenladungs- und Stückgutverkehr folgte im Oktober 1879.

Mit Zunahme des Personenverkehrs wurde ein neues, größeres Empfangsgebäude notwendig, welches man 1907 einweihte. Und der Eisenbahnanschluss brachte Wachstumsimpulse. Mit dem neuen Bahnhof und auch dem Kanalbau 1899 wuchs Hiltrup von einer kleinen Landgemeinde zu einem Industrieort. In der Zeit von 1843 bis 1895 verdoppelte sich die Zahl der Wohngebäude auf 136, und die Einwohnerzahl stieg von 656 auf 1013 Bewohner an. Auch war der neue Bahnhof Motor für die frühe Industrialisierung des Ortes: z.B. Glasurit, heute BASF (1903), Kunststein-, Mosaik-, Terrazofabriken (1905), Sodafabrik (1910), Röhrenwerk (1920), Kalksteinwerk (1925).

Hiltrup ist damit der einzige Bahnhof in der heutigen Stadt Münster, an dem sich ein kleines Industriegebiet entwickelt hat.

Den Krieg hat der Bahnhof Hiltrup völlig unbeschadet überstanden. Doch dann kam auch für diesen Bahnhof die Phase des Bedeutungsverlustes. Die Bundesbahn verkaufte das Gebäude, weil es zur Verkehrsabwicklung in dem Umfang nicht mehr benötigt wurde. Die Fahrkartenbedienung und Fahrplanauskunft erfolgten zunächst über einen kleinen bahnsteigseitig gelegenen Raum im Stellwerkgebäude. Dann wurden auch diese Dienstleistungen aufgegeben und durch einen Fahrkartenautomaten ersetzt. Die Stadt Münster kaufte das Gebäude und versucht es, soweit möglich zu erhalten. Darüber hinaus werden aus dem Bus-Schiene-Programm und im Kontext des SPNV-Nahverkehrsplanes Münsterland eine Reihe von Maßnahmen umgesetzt. Dazu gehören die Gestaltung des Bahnhofsvorplatzes, die Errichtung einer überdachten und abschließbaren Fahrradabstellanlage für 62 Räder, die Verknüpfung von Bus und Bahn, die Verbesserung der Fahrgastinformation und die Ausrüstung als Mobilstation.

Was nun aus dem Bahnhof samt Gelände wird, ist völlig unklar. Die Stadt Münster als Eigentümer suchte mehrfach und mit Hochdruck nach einem neuen Eigentümer und einem tragfähigen Konzept, bisher vergebens. Das historische Gebäude wurde immer wieder zum Ziel politischer Auseinandersetzungen. Eine Erhaltung der Substanz wäre für Hiltrup auf jeden Fall wünschenswert.

Update 12. Mai 2011: Die Westfälischen Nachrichten melden in einem Onlineartikel vom 14. Februar 2011, dass der Hiltruper Bahnhof verkauft ist und die notarielle Beglaubigung des Kaufvertrages in der Bezirksverwaltung stattgefunden hat. Über den Kaufpreis wurden keine Angaben gemacht. Ein Investor will im Erdgeschoss des Bahnhofsgebäudes ein Cafe, ein Bistro sowie einen Veranstaltungsraum samt Kleinkunstbühne errichten. Quelle: Westfälische Nachrichten

Quellen: Landschaftsverband Westfalen-Lippe, Kreft-Kettermann, H. (2005): Geschichte der Vorortbahnhöfe in Münster. Unveröffentlichter Vortrag im Rahmen der Eröffnungsveranstaltung zur zweiten erweiterten Ausstellung "Münster und die Eisenbahn" am 27.06.2005. o. O.

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Dokument erstellt am 22.01.2010
Letzte Änderung am 25.06.2014

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André Winternitz, Jahrgang 1977, ist freier Journalist und Redakteur, lebt und arbeitet in Schloß Holte-Stukenbrock. Neben der Verantwortung für das Onlinemagazin rottenplaces.de und das vierteljährlich erscheinende "rottenplaces Magazin" schreibt er für verschiedene, überregionale Medien. Winternitz macht sich stark für die Akzeptanz verlassener Bauwerke, den Denkmalschutz und die Industriekultur.