Friedrich Julius Bernsau hatte 1878 auf dem Gelände an der Neanderstraße eine Papierfabrik errichtet. Im 19. Jahrhundert war es üblich, dass die Villa des Fabrikanten auf dem Produktionsgelände lag – so entstand um 1880 nach dem Vorbild der Ratinger Villa Cromford die Villa Bernsau. 1974 wurde die Papierfabrik geschlossen, es kam das Edelstahlwerk Pose-Marré. Die zweigeschossige Villa wurde bis 1989 vom Gynäkologen Dr. Wolf-Dieter Hofmann als Praxis genutzt. Seitdem steht sie leer.
Wäre es nach Pose-Marré gegangen, wäre auf dem Grundstück lieber eine Lagerhalle statt stuckverziertem Wohnraum entstanden. Diese stellten zwei Abbruchanträge. Doch die Villa steht seit 1984 unter Denkmalschutz – die Anträge wurden abgelehnt. Gerüchte, dass die Vorbesitzer nicht nur die Fenster haben offen stehen lassen, sondern noch tatkräftiger alles dafür taten, aus dem ungeliebten Haus eine Ruine zu machen, sind nie verstummt. 2002 schloss das Edelstahlwerk seine Tore. Seitdem ist das Grundstück, einschließlich der ehemaligen Familienvilla Bernsau, im Besitz der Neuen Mitte Erkrath GmbH.
Heute sind die Fensterscheiben des Prunkbaus zerbrochen, mit Holzbrettern vernagelt oder gar nicht mehr vorhanden. Der Außenputz lässt nur noch erahnen, woher die Weiße Fabrikantenvilla der Papierfabrik Bernsau ihren Rufnamen hat. Im Garten hat die Natur große Teile des rund 2000 Quadratmeter großen Grundstücks und Gebäudes zurückerobert. Bis zu den Knien reicht das wild wuchernde Grün, Brombeersträucher und meterhohe Brennnesseln machen den Dienstboteneingang unzugänglich, auch der Haupteingang ist förmlich fast zugewachsen.
Im Inneren des Gebäudes stabilisieren dicke Holzbalken die einsturzgefährdeten Decken. Der Boden ist mit Schutt bedeckt. Im Eingangsbereich wellen sich die grünen Tapeten von den Wänden. Stuck ziert die Decke – nur Zentimeter daneben klafft ein metergroßes Loch. Das größte, bekannte Problem: die Villa ist vom echten Hausschwamm befallen, einem holzzerstörenden Pilz, der bevorzugt verbautes Holz befällt, ein feuchtes und nicht zu kühles Milieu zum Wachstum benötigt und als gefährlichster Gebäudezerstörer gilt.
Doch das Gebäude hat eine Chance. Im Rahmen des Pose-Marré-Projekts soll die Villa aufwändig entkernt und saniert werden. Laut Ingenieuren, die mit dem Projekt vertraut sind, wird dies eine kostspielige Angelegenheit. Um so mehr ist dieses Vorhaben zu bewundern, da ein Abriss und vorbildgetreuer Nachbau wesentlich kostenfreundlicher wären. Nach der Fertigstellung sollen im Obergeschoss Wohnräume und im Erdgeschoss Praxis- und Büroräume entstehen.
Quelle: Westdeutsche Zeitung, Pose-Marré-Projekt
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Dokument erstellt am 26.09.2010
Letzte Änderung am 30.06.2014