Gut Gentzrode

Die Guts- und Parkanlage Gentzrode ist ein einzigartiges Zeugnis der Bau- und Gartenkunst des 19. Jahrhunderts. Das Landesdenkmalamt Brandenburg bezeichnete diese außergewöhnliche Anlage vor Jahren als Baudenkmal von landesweiter Bedeutung und stufte es als Denkmal von nationaler Bedeutung ein. Dies ist lange her. Seit türkische Investoren das Areal samt Gebäude übernommen hatten, waren die Pläne groß. Diese verpufften - bis heute. Im Juni wurden Sicherungsmaßnahmen an den Gebäuden durchgeführt. Darüber informierten die zuständigen Behörden in der Stadt Neuruppin und im Land. Diese seien über die Vorhaben der Eigentümer informiert, hieß es.

Gestartet waren die Sicherungsmaßnahmen mit Arbeiten am Kornspeicher. Fenster- und Türen wurden verschlossen, um Eindringlinge abzuhalten und Vandalismus zu unterbinden. Wie der zuständige Architekt verriet, sollten an Speicher und Herrenhaus auch tragende Elemente verstärkt oder ersetzt werden. Damit kann man eine vollständige Renovierung vermeiden. Zusätzlich war geplant, die Dächer und Fenster in den oberen Etagen zu schließen, um Regenwasser abzuwehren. Schilder weisen zukünftig nicht nur auf das Betretungsverbot der unter Denkmalschutz stehenden Gebäude hin.

Der Kornspeicher in Gentzrode wurde 1861 nach Entwürfen von Carl von Diebitsch erbaut. Für die Arbeit an der zweiten Auflage seiner Wanderungen durch die Mark Brandenburg besuchte Theodor Fontane im Juni 1864 Gentzrode und skizzierte den Kornspeicher mit dem Wohnturm in seinem Notizbuch. Das Herrenhaus in Gentzrode wurde 1876/77 nach Entwürfen von Martin Gropius und Heino Schmieden im Stil des orientalisierenden Historismus erbaut. Der Park wurde von Gustav Meyer gestaltet. Ein Familienbegräbnisplatz rundete das Gut ab. 1934 kam das Gelände in den Besitz der Wehrmacht und wurde als Schießplatz und Munitionslager genutzt. 1945 übernahm es die Rote Armee.

Nach der Wende wurde die Liegenschaft entsprechend dem Einigungsvertrag am 3. Oktober 1990 in das Staatseigentum der Bundesrepublik Deutschland übernommen. Nach dem Abzug der Roten Armee 1991 aus dem Areal begann der Verfall der Gebäude. Übergeben hatte die Armee das Areal in unversehrtem Zustand. In den folgenden neun Jahren des Staatseigentums wurde von den zuständigen Behörden nichts unternommen, um dieses einzigartige Denkmal zu erhalten. 1996 war auch der Gutspark noch teilweise, wie z. B. die Lindenallee mit mehreren Grotten aus Feldsteinmauerwerk und zahlreiche Alleen und abwechslungsreiche Gehölzquartiere, erhalten. Nach mehreren Eigentümer kauften türkische Investoren das Gut. Bis heute passierte auf dem Areal jedoch nichts.

Der Abgeordnete Nico Ruhle (SPD) kritisierte, dass der Landkreis und Stadt Neuruppin sich nur gegenseitig die Schuld am Verfall der Gebäude zuschieben aber nichts tun. Laut Aussage des Baudezernenten der Stadt Neuruppin Arne Krohn, weigert sich der Landkreis Ostprignitz-Ruppin dieses Denkmal zu retten. Aufgrund der abgelegenen Lage will die Untere Denkmalschutzbehörde keine ordnungsrechtliche Maßnahmen gegen die Eigentümer erlassen oder die Sicherung des Denkmals verlangen.

Im April 2020 hat der Denkmalschutz, laut Begründung des Büros des Landrats aus wirtschaftlichen Gründen, das Ensemble aufgegeben; im Fontane-Jahr 2019 wäre dies ein Skandal gewesen. Drei Tage später meldete die Märkische Allgemeine, dass der Denkmalstatus zwar weiter bestehe aber die historische Anlage nicht gerettet würde. Daraufhin schaltete sich eine Woche später das Landesdenkmalsamt ein, mit der Botschaft, jetzt Gutachten zur Rettung ausarbeiten lassen. Dazu soll eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertretern des Landkreises, der Stadt und des Brandenburgischen Landesamts für Denkmalpflege und des Archäologischen Landesmuseums gegründet werden.

Wer sich aktiv gegen den weiteren Verfall des Gutes Gentzrode bei Neuruppin einsetzen möchte, hat seit Anfang Juli die Möglichkeit dazu. Und das bequem online. Der Freundeskreis „Gentzrode erhalten!“ hat eine Petition gestartet. „Das beeindruckende Gutshaus mit seinen Nebengebäuden ist ein herausragendes kulturhistorisches Objekt, das schon Fontane als „Oasen-Chateau“ bezeichnete. Wegen der einzigartigen Gestaltung, seiner Bedeutung und des historischen Wertes steht die Anlage unter Denkmalschutz“, steht auf der Petitionsseite.

Wer die Petition unterzeichnet, unterstützt die Forderung des Freundeskreises und richtet seinen Apell an Eigentümer, Politik und Verwaltung, sich aktiv für den Erhalt des Ensembles einzutreten. Online dürfen jedoch alle nur die unterschreiben, die sich bisher noch nicht in eine der Papierlisten eingetragen haben. Diese liegen noch immer in mehreren Geschäften in Neuruppin aus, sagt Initiator Wolfgang Freese.

Die Guts- und Parkanlage Gentzrode ist ein einzigartiges Zeugnis der Bau- und Gartenkunst des 19. Jahrhunderts. Das Landesdenkmalamt Brandenburg bezeichnete diese außergewöhnliche Anlage vor Jahren als Baudenkmal von landesweiter Bedeutung und stufte es als Denkmal von nationaler Bedeutung ein. Seit Anfang Juni laufen Sicherungsmaßnahmen an den Gebäuden. Darüber informierten die zuständigen Behörden in der Stadt Neuruppin und im Land. Diese seien über die Vorhaben der Eigentümer informiert, hieß es.

Hier geht es zur Petition unter www.petitionen.com/gentzrode_darf_nicht_verfallen (Stand: Oktober 2020)

Dokument-Information
Objekt ID: rp-42016
Kategorie: Häuser & Villen
Bundesland: Brandenburg
Standort: keine Angabe
Baujahr: 1861
Denkmalschutz: ja
Architekt: Carl Wilhelm Diebitsch, Martin Gropius, Heino Schmieden
Objekt abgerissen: nein
Objekt erfasst: 01.09.2020
Objekt erstellt: 01.10.2020
Letzte Änderung: 01.10.2020
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Aufgrund der Anzahl der Gebäude und deren positive und/oder negative Veränderungen der Bausubstanz im Laufe der Zeit, stellen einzelne Abbildungen (häufig) nicht den derzeitigen Zustand dar. Die Reihenfolge der Bilder ist keine Zeitreihenfolge.

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André Winternitz, Jahrgang 1977, ist freier Journalist und Redakteur, lebt und arbeitet in Schloß Holte-Stukenbrock. Neben der Verantwortung für das Onlinemagazin rottenplaces.de und das vierteljährlich erscheinende "rottenplaces Magazin" schreibt er für verschiedene, überregionale Medien. Winternitz macht sich stark für die Akzeptanz verlassener Bauwerke, den Denkmalschutz und die Industriekultur.