Etwa 14 Kilometer nordwestlich von Leipzig, nahe der Landesgrenze Sachsen–Sachsen-Anhalt, befindet sich Kursdorf (bis 1815: Cursdorf), ein ehemals idyllisches Dörfchen, das vollständig von den Anlagen des Flughafens Leipzig/Halle umschlossen ist. Und damit nicht genug: Nebenan verläuft eine ICE-Strecke und das Schkeuditzer Autobahnkreuz. Kursdorf wurde erstmalig 1497 urkundlich erwähnt. 1952 wurde Kursdorf bei der Kreisreform der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) dem Kreis Leipzig-Land im Bezirk Leipzig zugeteilt, der 1994 zum Landkreis Leipziger Land kam. Im selben Jahr erfolgte die Eingemeindung nach Schkeuditz, mit dem der Ort 1999 zum Landkreis Delitzsch und 2008 zum Landkreis Nordsachsen kam.
Zu DDR-Zeiten starteten hier nur wenige Flieger. Zweimal im Jahr lud die Messe Besucher aus aller Welt nach Leipzig ein, dann wurde es auch im Dorf etwas lauter. Aber dies hielt sich in Grenzen, es starteten und landeten nur wenige Flieger. Heute trennt Kursdorf ein zwanzig Meter hoher Lärmschutzwall – davor ein Stacheldrahtzaun – von der Start- und Landebahn. Früher gab es die innerdeutsche Grenze, für die Kursdorfer wirkt es heute so, als wäre diese nie verschwunden.
Kursdorf hatte 1950 stolze 537 Einwohner, 2015 waren es noch ganze 10. Mehr als 70 Prozent der Einwohner verließen seit den 1990er Jahren Kursdorf. Die hohen Schadstoff- und Lärmbelastungen des umschließenden Flughafens sind der Hauptgrund dafür. Die noch dort lebenden Kursdorfer halten ihre Türen und Fenster geschlossen, denn der Geruch von Kerosin ist, gerade in den Sommermonaten, kaum auszuhalten.
Die Betreiber des Flughafens wollten den Dorfbewohnern das Leben so angenehm wie möglich gestalten. Sie bezahlten Lärmschutzfenster, Lüftungen im Schlafzimmer und zahlten 5.000 Euro Außenlärmentschädigung pro Grundstückseigentümer. Was wie das Handeln eines echten Samariters klingt, wird hinfällig, wenn laufend neue Baufahrzeuge anrollen und der Flugplatz erweitert wird - natürlich immer zulasten des kosequent schrumpfenden Siedlungsraumes von Kursdorf.
Gutachter und Anwälte der Flughafengesellschaft taxierten den Wert der Kursdorfer Häuser, legten die Höhe der Entschädigungssummen fest. Wie erwartet stuften die Experten neuere Häuser hochwertiger ein als Alte. Heute ist auf den meisten unbewohnten Gebäuden ein „A“ gesprüht. „A“ bedeutet Abbruch.
Viele Kursdorfer leben heute auf der anderen Seite von Schkeuditz in Altscherbitz (auch Neu-Kursdorf genannt). Sie haben das Angebot zur Umsiedlung angenommen. Stimmten die Kursdorfer einer Umsiedlung zu, gingen die Häuser und Grundstücke in den Besitz der Flughafengesellschaft über. Diese berechnete den aktuellen Zeitwert und stellte ein Grundstück samt Haus zur Verfügung. Die Differenz zahlten die „Umsiedler“. So ist es nicht weiter verwunderlich, dass dies für viele ehemalige Kursdorfer einem Neuanfang gleichkam.
Die geografische Lage des Ortes inmitten eines Flughafengeländes und die daraus resultierenden Lebensumstände inspirierten den Dramatiker und gebürtigen Schkeuditzer Dirk Laucke (Koautor David Richter), der das Dorf als Vorlage für das Theaterstück Start- und Landebahn auswählte. Die Uraufführung fand am 16. Mai 2010 im Theater Osnabrück statt.
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Dokument erstellt am 15.08.2017
Letzte Änderung am 15.08.2017