Der Papiermacher Daniel Gottlieb Schlotter errichtete 1762 nach dem Siebenjährigen Krieg nahe der Wolfswinkler Schleuse eine neue Manufaktur für Papiererzeugung. 1790 errichtete der Kaufmann Josua Fournier als Käufer des Geländes neue Fabrikgebäude. 22 Jahre später - nämlich 1812 - wechselte das Gelände erneut den Besitzer. Johann Friedrich Nitsche gestaltete das Unternehmen zu einer eigentlichen Papierfabrik und nahm die ersten automatisierten Maschinen in Betrieb. 1832 erwarb Nitsche eine englische Papiermaschine für die Fabrik und steigerte so die Produktion.
1876 wechselte erneut der Besitzer. Der Fabrikant Marggraff formte das Unternehmen durch weitere Modernisierungen und geschicktem kaufmännischem Engagement zu einem Vorzeigebetrieb mit hohen Produktionszahlen. 1897 erneuerte man die Dampf- und Kesselmaschinenanlage vollständig und setzte auf elektrische Antriebe. Zu dieser Zeit beschäftigte die Papierfabrik etwa 200 Angestellte. 1912 wurden Normal-, Bücher- und Dokumentenpapiere sowie Aktendeckel und Kartons hergestellt. 1917 übernahm die Siemens-Schuckertwerke GmbH nach dem Tod Marggraffs die Fabrik und stellte die Produktion auf die Herstellung von Kabelpapier um - welches für die Isolierung von Stromkabeln benutzt wurde. 1928/29 erweiterte man die Fabrik durch eine 85 Meter lange Stahlbeton-Werkhalle und platzierte in dieser die damals modernste Spezial-Papiermaschine. Diese füllte die Werkshalle nahezu komplett aus.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Papierfabrik durch Bombenangriffe größtenteils verschont, jedoch ein großer Teil der technischen Ausrüstung des Werks durch die Besatzer demontiert. 1946 gründete sich der VEB "Papierfabrik Wolfswinkel" und begann mit der Produktion von Kabelpapier für die Elektroindustrie und andere produzierende Betriebe. 1957 nahm man die Produktion von handgeschöpftem Büttenpapier wieder auf, die man 1830 mit der Anschaffung der ersten Papiermaschine eingestellt hatte. Bis zur Wende 1989 firmierte die Büttenproduktion in der Papierfabrik als alleiniger Produktionszweig dieser Art in der Deutschen Demokratische Republik (DDR), spezialisiert auf Briefpapier, Zeichenkarton und hauchdünnes Papier, auch "Japanseide" genannt. Das kerngeschäft allerdings lag bei der Produktion von Spezialpapieren für die Industrie, wie Isolierpapier für Starkstromkabel und Schleifpapiere.
1994 wurde der Betrieb eingestellt. Die ehemalige Fabrikantenvilla brannte wenige Jahre später komplett ab. Auf dem Gelände befindet sich auch zur Straße hin das ehemalige Museum der Papierfabrik mit Produktionsebene für Büttenpapier, das derzeit über eine Immobilien-Webseite zum Kauf angeboten wird. Das dreistöckige Gebäude steht unter Denkmalschutz. Über die Jahre gab es zahlreiche Planungen zur Nutzung des riesigen Areals der Papierfabrik. Neben der Schaffung eines "Künstlerdorfes" zur Ansiedlung verschiedenster Künstler gab es Pläne für eine Bebauung von Mehrfamilienhäusern in exklusiver Lage oder den Bau eines Autohauses. Passiert ist bis heute nichts.
Quellen: Wikipedia, Berliner Zeitung, Märkische Onlinezeitung
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Dokument erstellt am 10.10.2014
Letzte Änderung am 10.10.2014