Sinteranlage Duisburg

Das Gelände wurde seit ungefähr 1910 industriell zum Abkippen von Schlacke genutzt. 500.000 Kubikmeter Hochofenschlacke mussten abgebaggert werden um das Gelände für den Bau zu erschliessen, weitere 75.000 Kubikmeter Boden wurden zur Hinterfüllung benötigt. Für das Erzlager, die Tiefbunkeranlage und die Fundamente wurden 32.000 Kubikmeter Beton verarbeitet und 21.000 m2 Stahlbetondecken und Sohlenplatten hergestellt. Die Stahlkonstruktionen erforderten 8000 Tonnen und die Maschinen 3700 Tonnen Stahl. Die Baukosten betrugen etwa 40 Millionen Mark.

Die Sinteranlage ist im Sommer 1957 nach zwei Jahren Bauzeit von der damaligen Phoenix-Rheinrohr AG Vereinigte Hütten- und Röhrenwerke für das Hochofenwerk in Duisburg-Ruhrort in Betrieb genommen worden. Zwei Jahre später erfolgte eine nochmalige Erweiterung der Anlage. 1964 übernahm die August Thyssen-Hütte AG Phoenix-Rheinrohr und somit auch die Produktionsanlagen in Ruhrort, Beeck und Meiderich. Die Sinteranlage diente der Stückigmachung von Feinerzen, die aufgrund ihrer geringen Korngröße den Hochofen "verstopft" hätten. Deshalb wurden die Feinerze auf einem Förderband, dem so genannten Sinterband, unter Zugabe von Gichtstaub und Koks mittels Gas gezündet und sie backten dann unter der Hitze zu größeren Stücken zusammen. Nach Kühlung und Brechung des Sintermaterials konnte es im Hochofen eingesetzt werden.

Täglich wurden 4000 Tonnen Sinter abgesiebt. Die Feinerze, der Gichtstaub und die erforderlichen Brennstoffe konnten an der Sinteranlage entweder sofort in die sogenannten Spitzbunker entleert oder auf das 200.000 Tonnen fassende Lager gelegt werden. Für die Feinerze standen insgesamt 20 Spitzbunker in zwei Reihen mit einem Fassungsvermögen von je 175 Kubikmeter zur Verfügung. Aus ihnen werden die einzelnen Sorten durch Drehteller ausgetragen und mit einem Förderband weiterbefördert. Nachdem auf einem Sieb alle gröberen Bestandteile ausgeschieden wurden erfolgte die Zugabe des Rückgutes auf einem zweiten Förderband. Eine geneigte Mischtrommel mit einer Durchgangsleistung von 500 Tonnen in der Stunde, in die Feinerze, Gichtstaub, Rückgut, Brennstoff und Wasser gelangen, hat die Aufgaben, eine gründliche Vermengung vorzunehmen und für eine Krümelung des Einsatzes zu sorgen, die für gute Gasdurchlässigkeit der Mischung auf dem Sinterband erforderlich ist. Am unteren Ende der Mischtrommel wird die Sintermischung auf ein Transportband ausgetragen, dass bei einer Länge von 160 Metern einen Höhenunterschied von insgesamt 45 Metern überwindet.

Querbänder sorgen für die Verteilung der Sintermischung in die Zwischenbunker von je 90 Kubikmeter Fassungsvermögen, die sich über jeder der beiden Sintermaschinen befinden. Von hier aus erfolgt die Ausgabe auf die beiden Sinterbänder. Dann erfolgte zunächst die Zündung der Sintermischung mit Gichtgas, wobei etwa 80 cbm pro t Sinter verbraucht werden. Am Ende des Bandes wird der nun fertige Sinterkuchen abgeworfen und ein Vorbrecher sorgt für die Zerkleinerung zu grosser Stücke. Über das Warmsieb, auf dem die feinen Anteile ausgeschieden werden, gelangt der gebrochene Sinter auf das Kühlband. Das Material wird von 800 bis 1000°C auf etwa 100 bis 150°C abgekühlt, indem Kaltluft von oben durchgesaugt wird. Nach der Kühlung läuft der Sinter über Siebe, auf denen die restlichen Feinanteile entfernt werden.

Insgesamt 100 Beschäftigte sorgten in drei Schichten für den reibungslosen Ablauf. 36 Schlosser und 15 Elektriker wurden für die Wartung eingesetzt. Die Sinteranlage hat im Sommer 1983 den Betrieb eingestellt. Grund hierfür war maßgeblich die Stahlkrise, die den Thyssen-Konzern zu umfassenden Rationalisierungsmaßnahmen zwang. Die Roheisen- und Stahlproduktion wurde sukzessive, wie auch schon in den Jahren zuvor, am produktionstechnisch günstigsten Standort am Rhein, bei der August Thyssen-Hütte in Hamborn, konzentriert. Das Gelände wurde noch bis 1995 von einer Schlackeaufbereitungsfirma genutzt. Nach einer Teilentkernung steht sie nun leer und ist ein beliebtes Fotoobjekt geworden. Leider nagt nicht nur der Zahn der Zeit, sondern auch der massive "Kabelklau" und Vandalismus an ihrer Substanz.

Es existieren Pläne zur Neu- bzw. Umnutzung des Geländes. Nach 1995 gingen das Gelände und die umliegenden Grundstücken an die frühere LEG-Landesentwicklungsgesellschaft. Bereits 2006 hat die Stadt einen Bebauungsplan, der vorsieht, das Gelände als Grünfläche auszuweisen. Hauptsächliches Ziel der Änderung ist die Umwandlung des Industriegebietes sowie des nutzungsbeschränkten Industriegebietes in Wald und Grünflächen. Gleichzeitig werden die Forstflächen entsprechend als Flächen für Maßnahmen zum Schutz, zur Pflege und zur Entwicklung von Boden, Natur und Landschaft dargestellt. Eine Teilfläche im Eingangsbereich der ehemaligen Sinteranlage/Schlackenbrechanlage soll in ein nutzungsbeschränktes Gewerbegebiet geändert werden, um hier in begrenztem Umfang die Ansiedlung von kleinteiligem Gewerbe zu ermöglichen. Wann diese Pläne umgesetzt werden sollen ist nicht bekannt.

Am 20. Oktober wurde mit den Arbeiten rund um den Abbruch der ehemaligen Sinteranlage begonnen. Eine entsprechende Genehmigung lag der Stadt Duisburg vor. Die 100-prozentige Beteiligungsgesellschaft des Landes NRW – NRW Urban – benötigt für den Abbruch rund sechs Monate, danach sollen auf dem Gelände Grün- und Freizeitflächen entstehen. Bis auf das Gebläsehaus mit seinem 120 Meter hohen Schornstein werden rund 11.000 Quadratmeter mit geschätzten 5.000 Tonnen Altstahlschrott abgebrochen. Das Gebläsehaus soll folgen, sobald finanzielle Mittel zur Verfügung stehen.

Quellen: Thyssen Krupp, Regionalverband Ruhr, HKM, Wikipedia, auferstandenausruinen

Dokumenten Information
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Dokument erstellt am 26.06.2010
Letzte Änderung am 20.10.2014

 

Wissenswertes: Die Sinteranlage diente dazu, die angelieferten Feinerze stückig zu machen. Im Hochofenprozess war eine gewisse Mindestkorngröße der eingesetzten Materialien erforderlich, um die Gasdurchlässigkeit für die Reduktionsgase sicherzustellen. Der Sinterprozess selbst lief auf einem langsam bewegten Band ab, welches mit einer genau zusammengestellten Mischung aus Feinerz, Koks sowie weiteren Hilfsstoffen belegt wurde. Diese Mischung wurde mit der Hilfe von Zündbrennern an der Oberfläche gezündet. Durch die in der Sinterschicht entstandenen hohen Temperaturen kam es zum Anschmelzen der Eisenerzpartikel, die sich zu größeren Einheiten verbunden. Der so entstandene Sinter wurde in nachgeschalteten Anlagen (Kühlern, Brechern, Sieben) aufbereitet und war Einsatzstoff für den Hochofenprozess.

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André Winternitz, Jahrgang 1977, ist freier Journalist und Redakteur, lebt und arbeitet in Schloß Holte-Stukenbrock. Neben der Verantwortung für das Onlinemagazin rottenplaces.de und das vierteljährlich erscheinende "rottenplaces Magazin" schreibt er für verschiedene, überregionale Medien. Winternitz macht sich stark für die Akzeptanz verlassener Bauwerke, den Denkmalschutz und die Industriekultur.