Tief unter den Weinbergen des beschaulichen Ahrtals, 30 Kilometer südlich von Bonn, liegt ein Ort, den es offiziell gar nicht geben durfte: der geheime Atombunker der Bundesregierung. Jenes gewaltige Labyrinth aus 17 Kilometern Betonröhren war das streng gehütete Staatsgeheimnis Nummer Eins, um das sich gleichwohl seit dem ersten Spatenstich wilde Gerüchte rankten. Der WDR zeigt am Freitag, 24. April 2015 um 20.15 Uhr aus der Reihe "Gheimnisvolle Orte" den Film "Geheimnis Regierungsbunker" von Florian Huber.
20.000 Arbeiter errichteten ab Baubeginn 1959 in zwölf Jahren die "deutsche Arche Noah", die mit vier Milliarden D-Mark bis heute die teuerste und größte Einzelinvestition der Bundesrepublik ist. Dieser ungeheure Aufwand konnte gar nicht verborgen bleiben. Zahlreiche Menschen im Ahrtal waren selbst im Bunker beschäftigt, als Maurer, Elektriker oder Sekretärin. Und so munkelte man in den Dörfern Marienthal, Ahrweiler und Dernau von einem Verbindungstunnel direkt ins Bonner Kanzleramt, von luxuriösen Einkaufsmeilen, von Liegewiesen mit Höhensonne unter Tage und von mysteriösen Bunkerkindern.
Dagegen war die Wirklichkeit in dem gigantischen Lindwurm aus Stahlbeton reichlich trostlos. In 936 karg eingerichteten Schlafkojen war Platz für 3.000 ausgewählte Personen aus Regierung, Ministerien und Behörden - zumeist Herren vorgerückten Alters, kaum Frauen, keine Kinder, nicht einmal die des Bundeskanzlers, dem das einzige Einzelzimmer zustand. Genau 30 Tage lang sollten im Ernstfall eines Atomangriffs diese mutmaßlich letzten Deutschen bei Fertig-Nudeln und Margarine in der Tube das atomar verseuchte Land draußen weiter regieren. Was danach käme, blieb ein nie ausgesprochenes Tabu.
Fast 200 Beschäftigte aus der Region bewachten und warteten den Bunker, Deckname "Dienststelle Marienthal". Sie alle waren zur Geheimhaltung und damit permanenten Doppelleben verpflichtet. Sie ahnten zwar nicht, dass der Bunker längst von der DDR-Staatssicherheit ausspioniert war, dass er als Hauptziel der sowjetischen Atomwaffen feststand und schon bei seiner Fertigstellung 1971 nicht mehr atombombensicher war. Doch sie wussten, dass ihre Familien im Kriegsfall draußen bleiben mussten.
Mit dem Mauerfall 1989 waren auch die Tage des Bunkers gezählt. Ein Abrisskommando entkernte bald mit deutscher Gründlichkeit jede Röhre. Erst die Menschen im Ahrtal retteten die letzten 203 Meter Stollen, die seit 2008 im Originalzustand besichtigt werden können. Ein Geheimnis ist dem Bunker aber geblieben: Laut Beschluss des Bundes muss bis auf weiteres "ein erneuter Ausbau des Ost-Teils grundsätzlich möglich sein". Wozu, weiß niemand. (ots)
Informationen zur Sendung: www.geheimnisvolleorte.wdr.de