Von André Winternitz - 27. September 2013
Zugegeben, man gerät schon ins Schwärmen, wenn man das Gelände der Heilstätte Grabowsee betritt. Seit 1995 sind die Sowjets verschwunden und das Gelände mit seinen fast 30 Gebäuden wurde dem Schicksal überlassen. Die Natur erkämpft sich Meter für Meter zurück und bietet dem Betrachter markante Sichtweisen. Der Zahn der Zeit nagt unaufhaltsam an der Substanz - eine perfekte Kulisse für ein offizielles Fototreffen also. Diejenigen, die im letzten Jahr bei der Premiere des ersten Urbex Europe Meetings in Jüterbog dabei waren, konnten das diesjährige Treffen kaum abwarten. In einer atemberaubenden Ruinenkulisse fanden sich wieder zahlreiche Fotografen und Interessierte ein. Für alle Teilnehmer, die aus vier europäischen Ländern anreisten, standen neben der Fotografie auch ausgedehnte Gespräche, kleine Workshops und in den Abendstunden ein feucht-fröhliches Beisammensein auf dem Zettel.
Anders als im letzten Jahr reisten die Teilnehmer an allen drei Tagen an, sodass die Gruppe täglich größer wurde. Wer nicht in den umliegenden Pensionen untergekommen war, nutzte die große Freifläche im Innenhof und schlug sein Zelt dort auf. Auf der Rückseite der ehemaligen Verwaltung, genauer dem Ballsaal - bekannt durch die Bühne mit der Klavierattrappe - befand sich eine Feuerstelle, die zum Verweilen einlud und auch rege genutzt wurde. Wer in den Tagesstunden nicht das Gelände der Heilstätte in aller Ruhe erkunden wollte, konnte in der Umgebung auf eigene Entdeckungsreise gehen. Viele allerdings entschieden sich für Ersteres und nutzen erst den Abreisetag für weitere "Abenteuer". In der Dämmerung dann wurde das Lagerfeuer entfacht und man lies den jeweiligen Tag in aller Ruhe und bei harmonischen Gesprächen und "Grillgut" ausklingen. Erwähnenswert ist hier die Offenheit und Kontaktfreudigkeit der Teilnehmer untereinander, die weder Berührungsängste noch Sprachbarrieren kannten.
Auch das wechselhafte Wetter und die Prognosen im Vorfeld ließen niemanden seine Pläne ändern und dem Treffen fernbleiben. Der immer wiederkehrende Regen am Freitagabend und die kühlen Folgeabende ließen alle näher ans Feuer und enger zusammenrücken und der "baltische Tee" tat sein übriges. Der Hausherr des Geländes sorgte auch für ausreichend Gesprächsstoff - vom freundlichen Wesen wandelte sich dieser oft in einen herumpolternden, kommerzgesteurten Zeitgenossen mit zwei Gesichtern. Was dieser zuvor zusagte, wurde später widerrufen - nur um ein thematisches Beispiel zu nennen. Wurden im Vorfeld Flächen für Campingmöglichkeiten zugesagt, standen diese später unter Naturschutz. Für mich als "Pensionsschläfer" natürlich kein Thema - für einige allerdings schon. Denn diese Zusagen des werten Herren wurden erst nach dem Aufbau einiger Teilnehmer verworfen. Ein Umherfahren des "Naturschützers" mit einem Sprit leckenden Trabant war aber scheinbar nicht umweltschädigend. Alles in allem aber war es ein tolles Wochenende in toller Natur mit atemberaubender Kulisse, netten Menschen und einer gemütlichen, familiären Atmosphäre.
Zum diesjährigen Urbex Europe Meeting kamen weniger Personen, als im Vorjahr. Dies lag allerdings an den Kosten, den Differenzen einiger weniger untereinander, aktuellen Vorkommnissen und kurzfristigen Terminen mancher. Einige blieben der Veranstaltung fern, um sich nicht dem Missfallen anderer ausgesetzt zu sehen - für mich unverständlich. Der Stimmung schadete dies nicht, im Gegenteil. Die weiteste Anreise hatte ein Paar aus England, das den halben Freitag auf der Autobahn verbrachte, um in den Abendstunden am Lagerfeuer zu sitzen. Natürlich war auch die Entfernung der Holländer und Polen nicht unerheblich. Aber genau diese Einstellung zur unbedingten Teilnahme am Meeting zeigt, welche Leiden- und Freundschaft alle vereint. Hut ab davor! Im nächsten Jahr wird es defintiv wieder ein Urbex Europe Meeting geben, es steht allerdings noch nicht fest, wo genau. Doch egal ob dieses wieder in Deutschland oder zum ersten Mal in Polen stattfindet, es ist nur eine Frage der Zeit bis die ersten Anmeldungen dazu eingehen.