Lage (pm/aw). Nach einer umfangreichen Restaurierung hat der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) den 120 Jahre alten 4. Klasse Waggon im Ziegeleimuseum Lage wiedereröffnet. LWL-Museumsleiter Willi Kulke: "Wir sind froh, nach so langer Zeit dieses außergewöhnliche Exponat für unsere Besucherinnen und Besucher wieder zugänglich zu machen." Der Waggon ist Teil der Dauerausstellung und erzählt von der beschwerlichen Reise der lippischen Wanderziegler, dem Abschied, dem Heimweh und der Wiederkehr aus der Fremde.
Ursprünglich reisten die lippischen Wanderziegler zu Fuß an ihre Arbeitsorte. Die Erschließung Lippes durch die Eisenbahn um 1880 verringerte die Reisezeit von mehreren Wochen auf zwei bis drei Tage. Ihre Reiseziele waren die aufstrebenden Metropolen im Rheinland, Ruhrgebiet, Nord- und Ostdeutschland. Der Bahnhof Lage war dabei der wichtigste Verkehrsknotenpunkt der Region. Von dort reisten in Sonderzügen tausende Lippische Ziegler in die Fremde. An den Abfahrtstagen glich der Bahnhof dabei einem Ameisenhaufen, da in einen Sonderzug nicht selten bis zu 600 Ziegler einstiegen. Das Gepäck bestand aus einem Koffer, einer Kiste mit Lebensmitteln, die sogenannte Speckkiste, in der vor allem Wurst- und Fleischwaren transportiert wurden, und dem Pucken, einem weißen Leinensack, in dem sich die Bettwäsche befand.
Umgangssprachlich nannte man die 4. Klasse wegen der ungepolsterten Sitzbänke auch "Holzklasse". Meist diente den Reisenden das eigene Reisegepäck als Sitzmöglichkeit. Eine Heizung gab es nicht. Der Waggon präsentiert sich heute mit seiner Lackierung, den geöffneten Oberlichtern, der Ausstattung des Innenraums und den historischen Beschlägen im Zustand von 1910.