Rainer Hohberg, Vorsitzender des Fördervereins Schloss Hummelshain (Thüringen), kämpft seit Jahren unermüdlich und vor allem ehrenamtlich für den Erhalt der einstigen Residenz für Herzog Ernst I. von Sachsen-Altenburg. Für Hohberg und die Vereinsmitglieder ist das Neue Schloss Hummelshain ein Juwel in der Thüringer Schlösserlandschaft und ein einzigartiger Bau dazu.
Durch das Engagement von Hohberg und seinen Mitstreitern konnte das Jagd- und Residenzschloss vor zwei Jahren als Baudenkmal von nationaler Bedeutung eingestuft werden. Damit kamen erste Fördermittel. Doch die, so wertvoll sie auch sind, sind nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Dies wird mehr als klar, als erst vor kurzem während der Planung der weiteren Sanierungsschritte der "Echte Hausschwamm" diagnostiziert wurde. Wir haben nachgefragt...
rottenplaces: Herr Hohberg, was ist für Sie das Besondere am Schloss Hummelshain?
Hohberg: Aufgrund seiner herausragenden architektonischen Qualität und idyllischen Lage zählt es fraglos zu den Schlossliegenschaften der Oberklasse. Es ist ein Gesamtkunstwerk des romantischen Historismus, geschaffen von zwei jungen, begabten Berliner Architekten, denen der herzogliche Auftraggeber uneingeschränkte künstlerische Freiheit gewährte. Ernst von Ihne und Paul Stegmüller haben nicht nur das Gebäude selbst, sondern auch die Innenausstattung und das Mobilar entworfen. Und von den Möbeln abgesehen, ist alles weitgehend original vorhanden; selbst die Fenster sind noch von 1883. Hinzu kommt, dass sein märchenhaftes Ambiente viele Besucher auch emotional stark anspricht.In den Medien ist deshalb oft vom „Märchenschloss“ die Rede, vom „Neuschwanstein Thüringens“.
rottenplaces: Sie sind Vorsitzender des Fördervereins Schloss Hummelshain e.V. Seit wann engagiert sich der Verein für die Erhaltung des Baudenkmals?
Hohberg: Vor 20 Jahren wurde der Verein gegründet, um das Hummelshain Schlossensemble vor dem Verfall und dem Vergessenwerden zu bewahren. Ich bin einer der Gründer und seit 2010 Vorsitzender.
rottenplaces: Das Neue Schloss Hummelshain ist das Jüngste in der Thüringer Schlösserlandschaft. Dennoch war es vor den ersten Sicherungsmaßnahmen akut gefährdet - also in einem sehr schlechten Zustand. Wie erklären Sie sich so einen rasanten Verfall der Substanz?
Hohberg: Von einem rasanten Verfall kann man eigentlich nicht sprechen. Das Schloss ist überaus solide gebaut - von der fehlenden Horizontalsperre mal abgesehen, die man 1880 offenbar noch nicht kannte. Der Verfall ist vielmehr ein schleichender, der aber schon sehr lange um sich greift. Die Dachentwässerung beispielsweise, bereits in Zinkblech ausgeführt, ist noch im Originalzustand von 1880. Können Sie sich deren Zustand vorstellen? Die Folge: Wir haben im Mauerwerk stellenweise eine Feuchtigkeitssättigung von 70 Prozent. Das Problem ist also ein jahrzehntelanger Sanierungsrückstau mit immer schwerwiegenderen Folgen.
rottenplaces: Baudenkmale, wie das Neue Hummelshainer Schloss sind und waren - vor allem nach der Wende - Anlageinstrumente, mit denen viel unseriöse Geschäfte getätigt wurden. Warum hat man dem Schicksal hier so viele Jahre tatenlos zugesehen? Warum fühlte sich bis zur Gründung Ihres Vereins niemand zuständig zu handeln?
Hohberg: Schloss Hummelshain wurde 1998 aus Thüringer Landesbesitz an einen Privatinvestor verkauft. Dass dieser Verkauf ein „Schuss in den Ofen“ war, zeigte sich schon nach wenigen Jahren. Doch statt zu handeln, haben die damals verantwortlichen Politiker den Kopf jahrelang konsequent in den Sand gesteckt. Erst die neue, rot-rot-grüne Regierung hat vorsichtig umzusteuern begonnen. Ob mit der notwendigen Konsequenz, müssen wir abwarten.
rottenplaces: Der Verein ist beim Neuen Schloss ja, mit dem Eigentümer vertraglich vereinbart, als Bauherr aktiv. Nun konnten bisher diverse Sicherungs- und Sanierungsarbeiten ausgeführt werden. Dazu gehörte auch die Dachinstandsetzung am Westflügel. Welche Arbeiten konnten noch ausgeführt werden und welche sind in Planung?
Hohberg: Uns stehen für einen Zeitraum von fünf Jahren vom Bund und vom Freistaat Thüringen 1,53 Millionen € zur Verfügung. Im vorigen Jahr haben wir bei der Dachsanierung des stark gefährdeten Westflügels unsere Feuerprobe als Bauherr bestanden. Am 4. April beginnt der zweite Bauabschnitt. Doch schon bei der Planung dafür zeigte sich, dass wir aufgrund des fortschreitenden Verfalls und der gestiegenen Baupreise nicht in den ursprünglich geplanten Schritten vorankommen werden. Dabei spielt auch eine Rolle, dass es sich nicht um gewöhnliche Dachflächen, sondern um eine mit zahllosen Schloten, Gauben, Ziergittern usw. geschmückte Dachlandschaft handelt. Also, ob wir mit den vorhandenen Mitteln das ganze Dach schaffen werden, ist fraglich. Für die vorgesehene Trockenlegung des Gebäudes von unten wird es auf keinen Fall reichen.
rottenplaces: Bis vor Kurzem liefen die Planungen für die anstehenden Sanierungsarbeiten (Dachsanierung, Trockenlegung), als im Beletage von einer Expertin der "Echte Hausschwamm" diagnostiziert wurde. Können Sie aktuell einschätzen, welche Kosten für die Bekämpfung des Befalls notwendig werden und welche zukünftigen Vorgehensweisen sind geplant?
Hohberg: Wir suchen im Moment danach, wie man einen Bau- und Holzschutzsachverständigen engagieren und bezahlen könnte. Wir hoffen auf Hilfe beispielsweise des Thüringer Landesamtes für Denkmalpflege. Der Experte muss nach Öffnung der betroffenen Decken und Wände erst einmal den Ausmaß des Schadens feststellen, ein Sanierungskonzept und die Kosten der Sanierung ermitteln. Wie hoch diese sein werden und woher das notwendige Geld kommen soll, steht noch in den Sternen.
rottenplaces: Wer sich in der heutigen Zeit für Denkmale engagiert und diese erhalten möchte, muss sich oft rechtfertigen. Welche Erfahrungen haben Sie und der Förderverein in den letzten Jahren gemacht?
Hohberg: Dafür, dass wir uns um Schloss Hummelshain kümmern, mussten wir uns eigentlich noch nie rechtfertigen. Vermutlich, weil das Schicksal dieses Schlosses vielen Menschen unserer Region am Herzen liegt. Umso häufiger müssen wir Leuten erklären, warum wir mit dem insolventen Schlossbesitzer kooperieren. Aber das war schlicht und einfach der einzige gangbare Weg, um mit der so dringenden Sanierung beginnen und das Schloss retten zu können.
rottenplaces: Unterstützung wurde Ihnen und Ihren Mitstreitern von höchster Stelle im Land, nämlich vom thüringischen Ministerpräsidenten Bodo Ramelow zugesagt. Nun ist eine Zeit vergangen, dass dieser persönlich vor Ort war. Wie ist da der Stand der Dinge?
Hohberg: Seit November 2018 haben wir vier Briefe an den Ministerpräsidenten und den Kulturminister geschrieben. Für den April hat uns der Chef der Staatskanzlei und Kulturminister im Zusammenhang mit der in Gründung befindlichen „Stiftung mitteldeutsche Schlösser und Gärten“ zu einem Gespräch eingeladen. Darauf setzen wir große Hoffnung.
rottenplaces: Kurz vor Abschluss des Interviews eine ganz generelle Frage: Welche Zukunft wünschen Sie sich für das Schloss Hummelshain im Allgemeinen?
Hohberg: Natürlich wollen wir mit unseren Baumaßnahmen vorankommen; aber ganz entscheidend ist die Konsolidierung der prekären Eigentumsverhältnisse. Die meisten Mitglieder unseres Vereins sehen eine gesicherte Perspektive nur in der Überführung in eine staatliche Stiftung. Dafür gibt es übrigens auch einen wichtigen inhaltlichen Grund: In Stiftungsobhut befinden sich in Thüringen derzeit Baudenkmale fast aller Epochen - mit Ausnahme eines authentischen Schlossneubaues des Historismus. Genau diese Lücke würde das Neue Schloss als „letzter landesherrlicher Residenzneubau in Thüringen“ und „herausragendes Zeugnis des Historismus“ schließen.
rottenplaces: Wie können Interessierte den Förderverein passiv oder aktiv unterstützen?
Hohberg: Nicht nur wegen der Schwammsanierung sind wir dringend auf Spenden angewiesen (IBAN: DE81 8305 3030 0018 0282 50; BIC: HELADEF1JEN). Natürlich kann man aktives Mitglied oder Fördermitglied unseres Vereins werden. Man kann unsere Arbeit ebenso durch den Kauf unserer Publikationen und der von uns kürzlich herausgegebenen wunderschönen Medaille „Neues Schloss Hummelshain“ unterstützen. Der Clou dabei: Die Medaille liegt in einer handgefertigten Platte aus Altholz des Schlossdachstuhls von 1880. Zur Medaille bekommt man sozusagen ein Stück vom Schloss dazu. Und außerdem wünschen wir uns viele Besucher und Gäste im Residenzdorf Hummelshain.
Mehr Informationen unter www.foerderverein-schloss-hummelshain.de
Wir danken Rainer Hohberg für das Interview.
Das Interview führte André Winternitz.