Schiffshebewerk Niederfinow

Das Schiffshebewerk Niederfinow am östlichen Ende des Oder-Havel-Kanals in Niederfinow/Brandenburg ist das älteste noch arbeitende Schiffshebewerk Deutschlands. 1934 in Betrieb genommen, überwindet das Industriedenkmal den Höhenunterschied von 36 Metern zwischen der Scheitelhaltung und der Oderhaltung der Bundeswasserstraße Havel-Oder-Wasserstraße. Das Hebewerk ist 60 Meter hoch, die Länge beträgt 94 Meter und die Breite 27 Meter. Zur Überwindung des Höhenunterschieds benötigt der Trog fünf Minuten. Die Gesamtdauer einer Schleusung beträgt 20 Minuten. Das Schiffshebewerk besteht aus einer 14.000 Tonnen schweren und mit fünf Millionen Nieten zusammengehaltenen Stahlkonstruktion, die auf Stahlpfeilern steht.

Als der in den Jahren 1743 bis 1746 erbaute zweite Finowkanal am Ende des 19. Jahrhunderts an seine Belastungsgrenze gestoßen war, beschloss die preußische Regierung den Bau des Großschifffahrtsweges Berlin-Stettin, der 1906 mit dem ersten Spatenstich begann. Dieses Gesetz legte auch den Grundstein für das Schiffshebewerk Niederfinow. 1926 wurde mit dem Grundbau begonnen. Der Grundbau des Schiffshebewerkes und der Ostpfeiler wurden 1929 fertiggestellt, die gesamte Trogkammer und der Westpfeiler 1930.

Mit dem eigentlichen Bau des Hebewerks begann man 1930. Dafür wurde ein spezieller, 60 Meter hoher Bockkran (Portalkran) errichtet. 1931 begannen die eigentlichen Aufstellarbeiten des Hebewerkgerüstes in der Reihenfolge: Mittelturm, Westturm, Ostturm. Während ab Sommer 1931 der Westturm errichtet wurde, erfolgte gleichzeitig der Einbau der Mutterbackensäulen im Mittelturm. Anschließend wurde mit dem Einbau des Troges begonnen. Nachdem im Herbst 1931 auch der Ostturm errichtet war, wurde ein Hilfsgerüst aus Holz für den Bau der Kanalbrücke aufgebaut. Im Frühjahr 1932 war das gesamte Hebewerksgerüst einschließlich der wesentlichen Einbauten aufgestellt. Im Herbst 1932 war auch die Kanalbrücke fertiggestellt.

Im April 1933 war der Trog mit seiner gesamten technischen Ausrüstung soweit fertig, dass erste Versuchsfahrten mit leerem Trog und entsprechend weniger Gegengewichten erfolgen konnten. Im Oktober 1933 waren alle Gegengewichte eingehangen, der Trog vollständig mit Wasser gefüllt und der Stahlbau fertig. Anfang März 1934 erfolgte ein zwölftägiger Abnahmebetrieb und am 21. März 1934 wurde das Schiffshebewerk seiner Bestimmung übergeben.

Das Schiffshebewerk war über die Jahre an der Grenze seiner Leistungsfähigkeit angekommen. Es stellt einen Engpass dar, da seine Troglänge die Länge der Schiffe auf 84 Meter begrenzt. Damit können moderne Fahrzeuge mit bis zu 110 Metern Länge nicht passieren. Zudem können sie ihre Ladekapazität nicht ausnutzen, da die Trogwassertiefe nur 2,00 Meter Tiefgang zulässt. Da es nicht mehr den heutigen Anforderungen entspricht, wurde 1997 der Neubau des größeren Schiffshebewerks Niederfinow Nord beschlossen. Die Grundsteinlegung erfolgte 2009 durch den damaligen Bundesverkehrsminister Wolfgang Tiefensee und Brandenburgs ehemaligen Ministerpräsidenten Matthias Platzeck.

Das neue Hebewerk in Stahlbetonbauweise hat eine Höhe von 55 Metern, eine Länge von 133 Metern und eine Breite von 46 Metern. Die Kosten des Neubaus sollen sich auf etwa 285 Millionen Euro belaufen. Hiervon werden 48,7 Millionen Euro durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung kofinanziert. Bis 2025 soll das alte Schiffshebewerk noch in Betrieb bleiben.

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Dokument erstellt am 22.06.2017
Letzte Änderung am 22.06.2017

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André Winternitz, Jahrgang 1977, ist freier Journalist und Redakteur, lebt und arbeitet in Schloß Holte-Stukenbrock. Neben der Verantwortung für das Onlinemagazin rottenplaces.de und das vierteljährlich erscheinende "rottenplaces Magazin" schreibt er für verschiedene, überregionale Medien. Winternitz macht sich stark für die Akzeptanz verlassener Bauwerke, den Denkmalschutz und die Industriekultur.