Eine Armee tritt ab – ohne, dass ein einziger Schuss fällt. Am 3. Oktober 1990 übernimmt der damalige Bundesverteidigungsminister Gerhard Stoltenberg die Kommandogewalt über die Truppenteile einer nun aufzulösenden, aber juristisch bereits nicht mehr existierenden NVA. Eine hochmoderne, riesige und kampfstarke Armee verschwindet innerhalb der folgenden Monate, übernommen vom früheren Feind – ein in der Geschichte einzigartiger Prozess, für den es damals, vor 25 Jahren, weder einen Plan noch klare Vorgaben gab. Von den Soldaten und Offizieren der NVA werden nur wenige in die nun gesamtdeutsche Bundeswehr übernommen, ein bekannter Fakt. Autor Reinhard Joksch geht in seiner Dokumentation vielmehr der Frage nach, was mit dem riesigen Waffenarsenal, mit Munition und Ausrüstung der ostdeutschen Warschauer-Pakt-Armee nach dem 3. Oktober 1990 passierte.
Die Waffen der hochgerüsteten NVA: Kampfflugzeuge, Schützenpanzer, Abwehrraketen, Minensuchboote, Millionen von Handfeuerwaffen – ein ganzes Arsenal wird ab 1990 verramscht. Nicht alles geht dabei mit rechten Dingen zu und vieles ist bis heute unbekannt. 2.300 Kampfpanzer, knapp 9.000 gepanzerte Kampf- und Spezialfahrzeuge, mehr als 5.000 Artillerie-, Raketen- und Flugabwehrsysteme, etwa 700 Kampf- und Transportflugzeuge sowie Hubschrauber, 192 Kriegsschiffe und ungezählte Gewehre, Pistolen, Granaten – wo sind sie, die Waffen einer verschwundenen Armee?
Bereits vor der Wiedervereinigung 1990 haben damals viele Regierungen um Waffenlieferungen aus NVA-Beständen bei der Noch-DDR ersucht. Und Ende 1991 ist die Liste sogar gewachsen: auf 44 Staaten, darunter 11 NATO-Länder. Insgesamt gibt es schließlich Bestellungen aus rund 70 Länder. Die NVA-Waffen sind begehrt: auch bei denen, die sie eigentlich nicht bekommen sollen. Waffenschmuggel ist nicht zu vermeiden in den Jahren nach 1990.
Der Film „Was wurde aus der NVA?“ untersucht, wo die gigantische Menge an Waffen geblieben ist, zeigt den Verbleib der Panzer, Jagdflugzeuge, Hubschrauber, Kampfschiffe und Kanonen auf. Rund um den Globus ist damals verteilt worden, was die einst hochgerüstete Militärmacht zum „Kampf gegen den Imperialismus“ angesammelt hatte. Was davon ist heute, 25 Jahre später noch existent? Oder ist sie inzwischen ganz und gar verschwunden, die NVA?
Das Erste zeigt den Film von Reinhard Joksch am Montag, 02. November 2015 um 23.30 Uhr.