Ausstellung "Laden und Löschen" im Schiffshebewerk Henrichenburg

Rund um die Uhr werden im "Duisburg Intermodal Terminal" (DIT) Container verladen. Foto: LWL / Kraemer

Waltrop (lwl/aw). Ein Jahrhundert lang definierte sich das Ruhrgebiet als Land der Zechen und Hütten. Zahlreiche Häfen entstanden entlang der Kanäle und Flüsse, um Steinkohle möglichst günstig transportieren zu können. 2018 endet der Bergbau im Revier. Aus diesem Anlass präsentiert der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) vom 25. März bis 28. Oktober in seinem Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg die Ausstellung "Laden und Löschen - von der Sackkarre bis zum Container. Fotografien aus den Häfen im Ruhrgebiet".

Mit historischen und aktuellen Aufnahmen gibt die Schau Einblicke in die Entwicklung der Technik und der Arbeitsplätze in den Revierhäfen. Der Kohleumschlag steht im Mittelpunkt. Aber auch anderes Schüttgut wie Erz, Getreide und Sand sowie Stückgut in Säcken, Fässern und Kisten spielten eine große Rolle. Ein Zeichen des Strukturwandels sind die Containerterminals, die 1983 zunächst in Duisburg und später auch in Dortmund und Herne eröffneten.

"Die Entstehung der Wasserstraßen und Häfen im Ruhrgebiet sorgte dafür, dass westfälische Zechen konkurrenzfähig wurden. Der Kohlentransport mit der Bahn war zu teuer. Erst mit der Eröffnung des Dortmund-Ems-Kanals 1899 setzte sich die Ruhrkohle gegen die englische Konkurrenz im Norden und Westen Deutschlands durch", erläuterte LWL-Museumsleiter Dr. Arnulf Siebeneicker am Donnerstag (22.3.) bei der Vorstellung der Ausstellung in Waltrop. Mit der Menge der abgebauten Kohle wuchs auch die Herausforderung an die Technik. "Bis zum Ausbruch des ersten Weltkrieges entwickelten sich die Krane und Kohlekipper im Revier rasant. Mit der Eröffnung des Rhein-Herne-Kanals 1914 wurden in vielen Zechenhäfen moderne Elektrokrane installiert", ergänzte Ausstellungskurator Michael Grünwald.

Die Sammlung des LWL-Industriemuseums enthält viele Bildquellen zum "Laden und Löschen", also zum Be- und Entladen von Schiffen im Ruhrgebiet. Das gilt zum Beispiel für die im Auftrag der Westfälischen Transport Aktiengesellschaft (WTAG) angelegten Fotoalben. Die Reederei dokumentierte ihre eigenen Anlagen zwischen Duisburg und Hamm und interessierte sich auch für die Konkurrenz in den großen Seehäfen, vor allem in Rotterdam.

Wie sehr die Häfen zum Revier gehör(t)en, zeigen auch die vielen historischen Postkarten, die das LWL-Industriemuseum besitzt. Die großen Krane und weitläufigen Hafenbecken waren schon immer Wahrzeichen der Städte am Wasser. Nicht nur in Duisburg und Dortmund, sondern auch in Gelsenkirchen und Wanne waren Grußkarten mit Hafenmotiven bei Reisenden und Einheimischen beliebt.

Die Hochzeit des Kohleumschlags in den 1950er und 1960er Jahren dokumentierte der Stuttgarter Fotograf Ludwig Windstoßer, aus dessen Nachlass das LWL-Industriemuseum interessante Bestände erworben hat. "Im Auftrag der Ruhrkohle AG hielt er die beeindruckenden technischen Einrichtungen in Duisburg und Dortmund im Bild fest. Er experimentierte auch mit Negativabzügen, um die künstlerische Wirkung von technischen Großgeräten wie der Kohlenmischanlage im Ruhrorter Hafenbecken B zu steigern", so Siebeneicker.

Nach der Kohlenkrise von 1957 ging die Förderung der Zechen im Ruhrgebiet allmählich zurück. Ein Jahr zuvor hatte der amerikanische Transportunternehmer Malcom McLean das erste Containerschiff auf die Reise geschickt. Innerhalb weniger Jahrzehnte krempelte der Container die Weltwirtschaft um. "In den Seehäfen hatte dieser Wandel dramatische Folgen, denn er machte tausende von Hafenarbeitern überflüssig", weiß Grünwald. Den Binnenhäfen im Ruhrgebiet half die Standard-Box jedoch, da Güter, die in einem Container stecken, im Binnenland genauso leicht vom Schiff auf den Lkw oder die Bahn umgeladen werden können wie an den Meeresküsten. Vor allem Duisburg profitierte nachhaltig von dieser Entwicklung. Als einziger Binnenhafen taucht "duisport" in der Liste der 100 größten Häfen weltweit auf. 2017 wurden in den neun dortigen Terminals mehr als vier Millionen Standard¬container umgeschlagen.

Diese aktuelle Entwicklung hat die Herner Fotografin Brigitte Kraemer im Auftrag des LWL-Industriemuseums dokumentiert. 2017 erhielt sie Zutritt zu den streng abgeschotteten Terminals in Duisburg, um dort den Umschlag der Container einzufangen. Neben den beeindruckenden Kranbrücken entdeckt man auf ihren Fotos auch immer wieder die Menschen, die dafür sorgen, dass wir täglich die von uns gewünschten Waren einkaufen können.

Der Ausstellungsort

Der passende Schauplatz für die Ausstellung ist der 1926 gebaute Lastkahn "Ostara". Das LWL-Industriemuseum bewahrt aber nicht nur Schiffe, sondern auch historische Großgeräte, die den Warenumschlag an den Kanälen und Flüssen zu bewerkstelligen halfen. Auf diese Weise ist in Waltrop ein Freilichtmuseum der Binnenschifffahrt entstanden. Die vier historischen Krane, die dort in den letzten Jahren restauriert und wieder nutzbar gemacht wurden, kommen im Rahmen der Ausstellung ebenfalls zur Geltung.

Katalog

Laden und Löschen - von der Sackkarre bis zum Container. Fotografien aus den Häfen im Ruhrgebiet, Hg. LWL-Industriemuseum, Arnulf Siebeneicker und Michael Grünwald. 156 Seiten, Essen 2018, ISBN 9783837519419, Preis: 19,95 Euro

Laden und Löschen - von der Sackkarre bis zum Container
25.3. - 28.10.2018
LWL-Industriemuseum Schiffshebewerk Henrichenburg,
Am Hebewerk 26, 45731 Waltrop
Geöffnet Di-So 10-18 Uhr (letzter Einlass: 17.30 Uhr)
www.lwl-industriemuseum.de

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André Winternitz, Jahrgang 1977, ist freier Journalist und Redakteur, lebt und arbeitet in Schloß Holte-Stukenbrock. Neben der Verantwortung für das Onlinemagazin rottenplaces.de und das vierteljährlich erscheinende "rottenplaces Magazin" schreibt er für verschiedene, überregionale Medien. Winternitz macht sich stark für die Akzeptanz verlassener Bauwerke, den Denkmalschutz und die Industriekultur.