Nach dem verheerenden Nuklearunfall, der sich am 26. April 1986 im ukrainischen Kernkraftwerk Tschernobyl ereignet hatte, gehörte ein Gebiet von ca. 2000 km² nordwestlich des havarierten Atommeilers zum absoluten Sperrgebiet, in dem eine lebensgefährliche Strahlenbelastung herrschte. Erst 36 Stunden nach dem Super-GAU wurden die knapp 50.000 Einwohner der unweit von Tschernobyl in diesem kontaminierten Gebiet gelegenen Stadt Prypjat, die ab 1970 als sozialistische Idealstadt für die Karftwerksangestellten gegründet worden war, mit Bussen evakuiert.
In dem Glauben an eine baldige Rückkehr hatten die Bewohner nur das Nötigste mitgenommen, sodass die heutige Bebauung auf einer Fläche von ca. 600 ha weitgehend noch im Zustand des Jahres 1986 erhalten ist. Durch umfangreiche Dekontaminationsmaßnahmen konnte die Strahlenbelastung im Laufe der Jahre soweit gesenkt werden, dass Prypjat heute zumindest zeitweise betreten werden kann. Seit Juli 2011 ist die vom Militär bewachte Stadt für den Tourismus geöffnet, wobei das Betreten der Sperrzone nur über gebuchte Touren möglich ist.
Wenn heute Prypjat zu den Touristenmagneten in Osteuropa mit jährlich ca. 1 Million Besuchern gehört, dann vor allem wegen des Gruselfaktors eines ehemals radioaktiv verseuchten Geländes, zugleich aber auch wegen der morbiden Erscheinung einer im Verfall begriffenen Geisterstadt, in der die Zeit stehengeblieben zu sein scheint. Wie kaum an einem anderen Ort auf der Welt prallen hier Fortschrittsglaube und apokalyptischer Untergang in vehementer Unmittelbarkeit aufeinander, werden die Folgen außer Kontrolle geratener, nicht mehr beherrschbarer technischer Abläufe sichtbar, die sich nicht nur gegen ihre einstigen Erbauer, sondern gegen die gesamte Menschheit gerichtet haben.
Peter Untermaierhofer hatte im Jahr 2017 an fünf Tagen Gelegenheit, innerhalb der vom Militär kontrollierten Sperrzone sowohl in offiziell zugänglichen, als auch in normalerweise gesperrten Gebäuden und Einrichtungen zu fotografieren. Es gelang ihm dabei, die bedrückende Atmosphäre aus Tod und Chaos in eindringlichen Aufnahmen einzufangen, wobei er für jede Location eine Bildsprache gewählt hat, die das ganze Ausmaß der Kata-strophe zeigt, das beklemmende Sujet aber zugleich auch sublimiert, eine ästhetische Distanz schafft.
Neben sieben großformatigen Arbeiten, die in Prypjat/Tschernobyl entstanden sind, werden in der Ausstellung weitere 12 Fine Art Prints anderer Lost-Places-Fotografien präsentiert, die in der Galerie bisher nicht zu sehen waren.
Peter Untermaierhofer
1983 in Eggenfelden geboren, absolvierte Peter Untermaierhofer 2006 bis 2012 an der TH Deggendorf ein Studium der Medientechnik, ebenso 2010 ein Semester im Studiengang Photography an der James Cook University in Townsville, Australien. Schwerpunkt seiner fotografischen Arbeit sind Orte, die von Menschen aus unterschiedlichsten Gründen verlasssen wurden, und von denen im Zustand ihres Verfalls eine melancholisch-morbide Ausstrahlung ausgeht. Innerhalb der weltweiten Fotografen-Community, die sich jenen Lost Places widmet, zählt Peter Untermaierhofer inzwischen zu den profiliertesten Vertretern.
Die Ausstellung läuft bis zum 22.02.2020 und ist geöffnet Di-Fr 14-19 Uhr, Sa 11-15 Uhr und nach Vereinbarung.
Peter Untermaierhofer
WHEN TIME STOOD STILL
The Chernobyl pictures & other lost places photographs
Ingo Seufert - Galerie für Fotografie der Gegenwart
Schleißheimer Straße 44, 80333 München
www.ingoseufert.com
Dies ist eine Pressemitteilung, die der Redaktion zugeschickt wurde, und die wir zur Information unserer Leser*innen unredigiert übernehmen.