Seit Tagen kämpfen Feuerwehrleute in der Ukraine gegen Waldbrände rund um das havarierte Atomkraftwerk Tschernobyl. In dem seit mehr als 30 Jahren gesperrten Gebiet hatte es immer wieder gebrannt – die Polizei ermittelt gegen einen möglichen Brandstifter. Die Grenzwerte für radioaktive Strahlung seien nicht überschritten worden, sagen die Behörden. Genaue Angaben, wie große der Brand ist, bzw. um welches Ausmaß es geht, machten die Behörden keine Angaben. Es gab auch Befürchtungen, die Feuer könnten auf Lagerstätten mit radioaktiven Abfällen übergreifen. Doch der Katastrophenschutzdienst verneinte dies. Die Heinrich-Böll-Stiftung verweist auf Informationen, nach denen eine durch den Brand ausgelöste radioaktive Wolke in Kürze die etwa 100 Kilometer entfernte Hauptstadt Kiew erreichen soll.
Nach Behördenangaben seien die Brände unter Kontrolle. Man rechne bald mit Regenschauern. Auch Löschflugzeuge und Hubschrauber sind im Einsatz. In der Sperrzone war es in den vergangenen Jahren mehrfach zu Feuern in den unbesiedelten Gebieten rund um die Atomruine gekommen. Als Ursache wurde immer wieder Brandstiftung vermutet. Zuletzt konnte die Polizei einen 27 Jahre alten Mann festnehmen, der einen Brand gelegt haben soll. Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj verutreilte die Brandstifter aufs Schärfste. Das ukrainische Parlament beschloss in einer Sondersitzung höhere Geldstrafen bei Brandstiftung.
Am 26. April 1986 havarierte der vierte Block des Atomkraftwerks während eines missglückten Experiments. Die Explosion des Reaktors und die daraus resultierenden radioaktiven Wolken verstrahlten große Gebiete im heutigen Weißrussland, in der Ukraine und Russland. Die Wolken mit dem radioaktiven Fallout verteilten sich dann über weite Teile Europas und schließlich über die gesamte nördliche Halbkugel. Rund 50.000 Menschen verloren in der angrenzenden Stadt Prypjat infolge des Reaktorunglücks ihre Heimat.
Der ukrainische Präsident möchte die Ruine des alten Atomkraftwerks zu einem echten Touristenmagnet gestalten. Bei der offiziellen Übergabe der neuen Schutzhülle über dem havarierten Reaktor sagte Selenskyj, man solle Tschernobyl der ganzen Welt zeigen – Wissenschaftlern, Ökologen, Historikern und vor allem Touristen. Neulich erst hat die Regierung im Kernkraftwerk die Schaltzentrale von Reaktor 4 für die Öffentlichkeit freigegeben. Unerschrockene können so ganz nah an die Katastrophe heran. Jetzt gibt es erstmal Wichtigeres: Die Flammen unter Kontrolle zu bekommen, zu löschen und möglichst wenig Schaden zu hinterlassen.