Kiew (aw). Urkaines Präsident Wolodymyr Selenskyj hat im Juli letzten Jahres Tschernobyl als offizielle Sehenswürdigkeit anerkannt. Damit möchte er Touristen aus aller Welt an jenen Ort locken, an dem am 26. April 1986 die atomare Katastrophe ihren Lauf nahm. Doch damit nicht genug, jetzt können Unerschrockene ganz nah an die Katastrophe, denn im Kernkraftwerk hat die Regierung die Schaltzentrale von Reaktor 4 für die Öffentlichkeit freigegeben. In dieser sollte damals der Ausfall der externen Stromversorgung simuliert werden. Die Explosion des Reaktors und die daraus resultierenden radioaktiven Wolken verstrahlten große Gebiete im heutigen Weißrussland, in der Ukraine und Russland. Die Wolken mit dem radioaktiven Fallout verteilten sich dann über weite Teile Europas und schließlich über die gesamte nördliche Halbkugel. Rund 50.000 Menschen verloren in der angrenzenden Stadt Prypjat infolge des Reaktorunglücks ihre Heimat.
Touristen kommen jedes Jahr bereits zahlreich, 2018 buchten über 70.000 Menschen eine Tour in die Sperrzone, darunter fast 50.000 Ausländer. Dafür bedarf es auf jeden Fall spezielle Anmeldungen und Genehmigungen. Jetzt werden Besuchergruppen in weiße Spezialanzügen gesteckt und mit Helm und Atemgerät ausgerüstet. Besichtigt wird dann eine marode Kulisse voller analoger Technik, Staub und Rost. Wie diverse Medien berichten, ist der Zugang zeitlich beschränkt. Nur wenige Minuten bleiben den Touristen. Die Strahlung auf den offiziellen Wegen soll bis zu vier Mikrosievert betragen. Das sei weniger Strahlung, als Passagiere auf einem Transatlantikflug innerhalb einer Stunde ausgesetzt sind.
Neue Schutzhülle
Die neue Schutzhülle mit seinen mehr als 30.000 Tonnen gilt als größtes bewegliches Bauwerk der Welt. Mit einem einzigartigen Manöver wurde der Koloss dann auf einem Spezialschienen-System 250 Meter zum Reaktor transportiert, verschloss diesen komplett. In selbigem befinden sich noch etwa 200 Tonnen Uran. Mit dem neuen Sarkophag sind die Arbeiten auf dem Gelände des ehemaligen Atomkraftwerks längst nicht abgeschlossen. Im Inneren des Konstrukts sind Kräne montiert, die nun das weiterhin hoch radioaktive Uran aus dem Reaktor bergen sollen. Direkt neben dem ehemaligen Kraftwerk ist in den vergangenen Jahren ein Zwischenlager für Atommüll entstanden.