Arecibo (aw). Schon seit einigen Monaten wurde auf die Gefahr hingewiesen, jetzt ist der Worst Case eingetreten. Das einst weltgrößte Radioteleskop südlich der Hafenstadt Arecibo in Puerto Rico (William-E.-Gordon-Teleskop) ist in sich zusammengefallen. Am Dienstag stürzte die 900 Tonnen schwere Instrumentenplattform 137 Meter in die Tiefe auf die Reflektorschale, wie die Nationale Wissenschaftsstiftung der Vereinigten Staaten (NSF) mitteilte. Die NSF berichtet, dass die obersten Teile aller drei stützenden Türme abgebrochen sind und auch das Lernzentrum des Observatoriums neben der Schüssel durch herabfallende Stahlseile schwer beschädigt worden ist.
Vor dem jetzigen Kollaps hatten Untersuchungen durch mehrere Ingenieursbetriebe ergeben, dass ein katastrophales Versagen der Struktur des Teleskops des Observatoriums in Arecibo drohe und man dieses wegen Sicherheitsbedenken außer Betrieb nehmen solle. Die NSF teilte im November mit, die Kabel seien möglicherweise nicht mehr in der Lage, die für sie vorgesehenen Lasten zu tragen. Reparaturen könnten Arbeiter in potenziell lebensgefährliche Situationen bringen. Auch im Falle von Reparaturen gäbe es wahrscheinlich langfristig Probleme mit der Stabilität. Im August war ein rund 7,5 Zentimeter dickes Stahlseil, das half, eine Mettalplattform zu stützen, aus unbekannten Gründen gerissen und hatte einen etwa 30 Meter langen Riss in der Reflektorschüssel des Teleskops verursacht. Hurrikan Maria hatte bereits 2017 am Observatorium schwere Schäden verursacht.
Bis jetzt hatte man alle Möglichkeiten, das Teleskop zu retten, untersucht. Die Daten zeigten aber, dass Reparaturen nicht auf sicherem Wege möglich seien. Man wollte also Vorbereitungen treffen, das Teleskop auseinanderzunehmen, hieß es von der NSF. Ziel sollte sein, für künftige Recherche- und Bildungszwecke so viel der übrigen Infrastruktur des Observatoriums wie möglich zu erhalten.
Weltweit bekannt wurde das Radioteleskop durch die Filmszenen des James-Bond-Blockbusters "Goldeneye" (1995). Bis 2016 galt das von 1960 bis 1963 erbaute Teleskop mit 305 Metern Durchmesser als das größte der Welt, dann kam China und toppte diese Maße. Am Observatorium, das rund um die Uhr in Betrieb war, waren etwa 140 Menschen beschäftigt. (Stand 2019) Ein unabhängiges Gremium verteilte nach wissenschaftlichen Kriterien Beobachtungszeit an jährlich rund 200 Astronomen in aller Welt, die diese meist aus der Ferne wahrnehmen konnten. Das Besucherzentrum des Observatoriums zählte rund 100.000 Besucher pro Jahr.