Leipzig (aw). Jahrelang verkam das "Gästehaus am Park" im Musikviertel in Leipzig, sollte in den 90er Jahren bereits abgerissen sein und ist heute eine Ruine. Im Dezember letzten Jahres wurden dann Abrisspläne des Eigentümers laut (wir berichteten). Das Objekt sei nicht mehr wirtschaftlich zu sanieren, heißt es in der Begründung. Denkmalschützer sahen dies anders. Jetzt ist klar: Das Gebäude darf nicht abgerissen werden, denn es steht seit 2013 unter Denkmalschutz. Wer das veranlasste, darüber streiten sich Eigentümer und Stadt. Im nachhinein hat dieser Schritt jetzt fatale Folgen. Schon in den 90er-Jahren wurde einem potentiellen Investor - der auf dem Areal ein Hotel bauen wollte - per Bebauungsplan das Recht eingeräumt, das Gebäude abzureißen. Doch die Pläne verliefen sich.
Auch der aktuelle Eigentümer kaufte 2012 das Ensemble mit der Option, es abreißen zu können. Dies ist seit der Änderung in 2013 nicht mehr möglich. In diesem Monat möchte der Rat der Stadt in seiner Sitzung beschließen, den Bebauungsplan aus den 90er-Jahren zu ändern und das Abriss-Verbot festzuschreiben. Gegen dieses Vorhaben will der Investor klagen und hat bereits entsprechende Schritte eingeleitet. Bleibt es bei der Änderung des Bebauungsplanes, soll die Stadt nach Angaben des Eigentümers für den finanziellen Verlust ausgleichend aufkommen.
Das Gästehaus des Ministerrates wurde 1968 vom SED-Staatschef Walter Ulbricht eröffnet. Neben Ulbricht gastierte auch Nachfolger Erich Honecker mindestens zwei Mal pro Jahr während der Leipziger-Messe im Gebäude. Quartier bezogen auch weitere DDR-Größen und ausländische Staatsgäste. 1983 wurde in einem abhörsicheren Bunker unter dem Haus ein Milliardenkredit für die fast bankrotte DDR von Honecker und Bayerns Ministerpräsident Franz Josef Strauß verhandelt. 1995 verkaufte die Treuhand das Grundstück samt Gebäude an die Hamburger Restaurant-Kette Block, die hier ein Luxushotel entstehen lassen wollte. Vor drei Jahren kaufte der aktuelle Investor das Hotel von der Block-Gruppe.